Leitsatz (amtlich)
1. Die Einstellung eines Strafverfahrens gemäß § 153 a StPO und die Erfüllung der Auflage durch den Beschuldigten führt zu einem Verfahrenshindernis in Bezug auf die gesamte Tat im prozessualen Sinne, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit.
2. Bei der Hinterziehung von Eingangsabgaben durch Nichtanmeldung mitgeführter Waren bei der Zollbehörde und der gleichzeitig verwirklichten Ordnungswidrigkeit der Nichtanmeldung mitgeführter Barmittel entgegen § 12 a Abs. 1 ZollVG i.V.m. Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Überwachung von Barmitteln, die in die oder aus der Gemeinschaft verbracht werden [ABl. EU Nr. L 309 S. 9], handelt es sich um eine Tat i.S.v. § 264 StPO.
3. Das Rechtsbeschwerdegericht hat ein Verfahrenshindernis auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war.
Normenkette
OWiG § 21 Abs. 1-2, § 46 Abs. 1; StPO § 153a Abs. 1, § 206a Abs. 1, § 264 Abs. 1; ZollVG § 12a Abs. 1; EGV 1889/2005 Art. 3
Tenor
I.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts vom 10.09.2014 aufgehoben.
II.
Das Verfahren wird eingestellt.
III.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Der Betroffene reiste am 08.02.2014 per Flug aus der Türkei über das Zollamt München-Flughafen ein. Er führte dabei Barmittel in Höhe von 13.135 € sowie 3.020 Stück Zigaretten mit sich. Eine Zollanmeldung wegen der eingeführten Zigaretten gab er nicht ab; vielmehr durchschritt er den grünen Ausgang für "anmeldefreie Waren". Nachdem anlässlich einer anschließenden Überholung durch Zollbeamte die Zigaretten entdeckt und sichergestellt worden waren, leitete die Zollbehörde ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ein, welches das zuständige Hauptzollamt am 21.03.2014 gemäß § 153 a Abs. 1 StPO mit Zustimmung des Betroffenen gegen Zahlung eines Geldbetrags in Höhe von 500 € einstellte. Die Geldauflage wurde am 31.03.2014 vollständig erfüllt. Mit Bußgeldbescheid des Hauptzollamts vom 09.04.2014 wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von 1.300 € festgesetzt, weil er anlässlich seiner Einreise am 08.02.2014 die mitgeführten Barmittel in Höhe von 13.135 € - entgegen seiner aus § 12 a Abs. 1 ZollVG i.V.m. Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die oder aus der Gemeinschaft verbracht werden [ABl. EU Nr. L 309 S. 9], resultierenden Pflicht - nicht angemeldet habe.
Auf den gegen den Bußgeldbescheid vom 09.04.2014 eingelegten Einspruch, der in der Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde, verhängte das Amtsgericht mit Urteil vom 10.09.2014 gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 1.300 €. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 206 a Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
1. Auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts hat der Senat von Amts wegen zu überprüfen, ob ein Verfahrenshindernis besteht. Dies ist hier der Fall. Der Verurteilung des Betroffenen steht das Verfahrenshindernis des § 153 a Abs. 1 Satz 5 StPO entgegen.
a) Es entspricht nahezu einhelliger Ansicht in Judikatur und Schrifttum, dass die Einstellung eines Strafverfahrens gemäß § 153 a StPO und die Erfüllung der Auflage durch den Beschuldigten zu einem Verfahrenshindernis in Bezug auf die gesamte Tat auch unter dem Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit führt (vgl. nur OLG Jena wistra 2010, 39; OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 09.04.2009 - 2 SsBs 48/09 und vom 22.06.2010 - 2 SsBs 27/10 [jeweils bei [...]]; Göhler-Gürtler OWiG 16. Aufl. § 21 Rn. 27; Graf-Beukelmann StPO 2. Aufl. § 153 a Rn. 55; KK/Diemer StPO 7. Aufl. § 153a Rn. 6; KK/Mitsch OWiG 4. Aufl. § 21 Rn. 32; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 57. Aufl. § 153 a Rn. 35, 45 und 52).
b) Dem schließt sich der Senat an. Zwar bestimmt § 21 Abs. 2 OWiG, dass bei (tateinheitlichem) Zusammentreffen von Straftat und Ordnungswidrigkeit eine Ahndung der Handlung als Ordnungswidrigkeit erfolgen könne, wenn keine Strafe verhängt wird, was an sich bei einer Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO der Fall ist. Die Regelung des § 21 Abs. 2 OWiG wird jedoch durch die speziellere Bestimmung des § 153 a Abs. 1 Satz 5 StPO, die ein Verfolgungshindernis in Bezug auf die Tat unter dem Gesichtspunkt eines Vergehens statuiert, verdrängt. Das Verfahrenshindernis für Vergehen erfasst gleichermaßen die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit. Denn wenn die Tat nur noch unter dem Gesichtspunkt eines Verbrechens, nicht aber eines Vergehens verfolgt werden kann, muss dies erst recht für die Ahndung wegen einer Ordnungswidr...