Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Nebenleistung nach § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frage, ob eine Nebenleistung i.S.d. § 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob der Schwerpunkt der Haupttätigkeit auf nichtrechtlichem Gebiet liegt.
2. Der Verstoß gegen die Bestimmungen des RDG führt zur Nichtigkeit des Beratungs-vertrages nach § 134 BGB. Nach § 139 BGB ist im Zweifel von einer Gesamtnichtigkeit jedenfalls dann auszugehen, wenn die rechtsberatende Tätigkeit einen nicht geringen Anteil der Beratungstätigkeit ausmacht.
Normenkette
RDG §§ 3, 5 Abs. 1; BRAO § 59c Abs. 1, § 59e Abs. 2, § 59f Abs. 1; BGB §§ 134, 139
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 24.02.2011) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil über den Grund des LG Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - vom 24.2.2011 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten die Erfüllung einer Freistellungsvereinbarung.
Die Beklagte wollte die Klägerin für ein gemeinsam durchzuführendes Bauvorhaben in B., S.-Str., als Partner gewinnen. In der Zeit vom 1. - 28.9.2009 ließen die Parteien sich von der Wirtschaftsprüfergesellschaft W.-GmbH (im Folgenden: W.-GmbH) über Fragen der Finanzierung sowie die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beraten. Hierüber erstellte die W.-GmbH am 22.10.2009 der Klägerin, die ihr gegenüber als Auftraggeberin auftrat, eine Rechnung über insgesamt EUR 13.750,45. Im Zuge der Beratung hatte die W.-GmbH auch einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Ausweislich der Rechnung war dieser an neun Terminen über insgesamt mehr als 18 Stunden mit dem Entwurf eines GbR-Vertrages befasst.
Am 27.5.2010 trafen die Parteien die folgende privatschriftliche Vereinbarung:
1. Für die Nutzung der Grundstücksfläche der B.-GmbH durch die von H.-GmbH errichtete Baugrube zahlt H.-GmbH an B.-GmbH ... EUR 5.000,00.
2. H.-GmbH übernimmt die Forderung der W.-GmbH ... gemäß der ihr bekannten Rechnung der W.-GmbH vom 22.10.2009 zur Nr. 1/10359, welche an B.-GmbH ausgestellt ist.
Der Gesellschafter und Geschäftsführer W. (GF. der W.-GmbH, Anm. des Senats) hat sich zu einem Gespräch mit H.-GmbH und dem Steuerberater/Rechtsanwalt von H.-GmbH bereit erklärt, um den Aufwand und die Höhe der Berechnung zu besprechen.
H.-GmbH hält hiermit B.-GmbH von allen Zahlungsansprüchen der W.-GmbH in der Höhe, wie diese festgelegt wird, endgültig frei.
H.-GmbH verpflichtet sich, die Gespräche und diese Regelung bis spätestens zum 18.6.2010 herbeizuführen.
3. H.-GmbH übernimmt die Haftung für alle eventuell auftretenden Schäden, verursacht durch H.-GmbH ..., an den von B.-GmbH erstellten Baustraßen, diese sind abgenommen und befinden sich in einwandfreiem Zustand ...
4. B.-GmbH und H.-GmbH sind sich darüber einig, dass die vom Notariatsbüro B. entworfene notarielle Urkunde zu dem vorgesehenen Grundstückstausch wechselseitig bis zum 4.6.2010 zu unterzeichnen ist.
5. Sollten Regelungen in dieser Vereinbarung ganz oder teilweise unwirksam sein, so werden die übrigen Vereinbarungen hiervon nicht berührt.
Nachdem die Beklagte die Frist aus Nr. 2 (4. Absatz) hatte verstreichen lassen, mahnte die Klägerin sie mit Schreiben vom 22.6.2010 unter Fristsetzung bis zum 24.6.2010, "eine entsprechende Regelung" herbeizuführen. Die Klägerin bezahlte nach Aufforderung an die Beklagte ohne weitere Fristsetzung die Rechnung der W.-GmbH endlich am 25.8.2010 in voller Höhe. Anschließend forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 24.8.2010 erfolglos zum Ausgleich bis zum 3.9.2010 auf.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 13.750,45 nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 4.9.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat geltend gemacht, die Freihaltevereinbarung sei in Hinblick auf einen beabsichtigten Grundstückstausch formnichtig. Ein Freihalteanspruch sei auch kein Zahlungsanspruch. Schließlich bestehe auch die Rechnung der WSP unter dem Gesichtspunkt unerlaubter Rechtsberatung zu Unrecht.
Das LG Bremen - 2. Kammer für Handelssachen - hat der Klage nach Beweisaufnahme mit Zwischenurteil über den Grund vom 24.2.2011 dem Grunde nach stattgegeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wendet u.a. ein, das Grundurteil sei unzulässig und auch materiell-rechtlich falsch. Das LG hätte die Frage der Wirksamkeit des Beratungsvertrages mit W.-GmbH nicht offenlassen dürfen; denn davon hänge ab, ob vertragliche Honoraransprüche überhaupt bestünden.
Die Beklagte beantragt,
1. das Grundurteil des LG Bremen vom 24.2.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise das Grundurteil des LG Bremen vom 24.2.2011 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Bremen zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung zurückzuweis...