Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 29.10.1999; Aktenzeichen 44 O 0337/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 29.10.1999, Az.: 44 O 337/99, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr wie folgt zu werben: „LEGAL SERVICES”/”LEGAL”.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Beschwer der Beklagten beträgt 100.000,00 DM.
Streitwert: 100.000,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Stellenanzeigen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) in Anspruch, in denen als Tätigkeitsbereiche u.a. „TAX & LEGAL SERVICE” bzw. „TAX & LEGAL” genannt sind.
Der Kläger als eingetragener örtlicher Anwaltsverein unter dem Dachverband des Deutschen Anwaltsvereines verfolgt satzungsgemäß die Wahrung, Pflege und Förderung aller beruflichen und wirtschaftlichen Rechte und Interessen der Anwaltschaft im Bezirk des Landgerichts Dresden. Ihm obliegen Maßnahmen zur Verfolgung von Verstößen Dritter sowie des Missbrauchs auf dem Gebiet der Rechtsberatung und -vertretung nach § 1 Abs. 2 e seiner Satzung.
Die Beklagte mit Zweigniederlassung in Dresden verfügt selbst nicht über die Befugnis zur geschäftsmäßigen, unbeschränkten Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Sie firmiert mit dem Kürzel „KPMG” als Mitglied der „KPMG Deutsche Treuhand Gruppe”, die bundesweit und interdisziplinär tätig ist, der allein in Deutschland über 20 Tochter- bzw. Beteiligungsgesellschaften – vornehmlich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den Rechtsformen der AG bzw. GmbH – angehören und die selbst wiederum Mitglied der „KPMG International” ist.
Unter den Mitgliedern der „KPMG Deutsche Treuhand Gruppe” befindet sich auch die „KPMG Treuhand & Goerdeler GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Rechtsanwaltsgesellschaft”, die mit den Gesellschaften der „Unternehmensgruppe” eng kooperiert. Diese GmbH (vgl. Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Köln Nr. 8124, Bl. 54 – 59 d.A.) wurde auf Antrag (Eingangsbestätigung vom 31.08.1999, Bl. 71 d.A.) am 21.12.1999 als Rechtsanwaltsgesellschaft nach § 59 g BRAO zugelassen (Anlage 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 29.02.2000, Bl. 162 d.A.). Sie betreibt Niederlassungen an acht weiteren Standorten, darunter in Leipzig, wo sie mit zugelassenen Rechtsanwälten vertreten ist.
Weiteres Mitglied der „KPMG Deutsche Treuhand Gruppe” ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die die Erlaubnis zur Rechtsberatung besitzt.
Die Beklagte ist Kommanditistin der „KPMG Hartkopf & Rentrop Treuhand KG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft”, bei der drei Mitarbeiter zur Ausübung der Rechtsbesorgung im Rahmen der der KG erteilten Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) – unter Ausschluss des Gebietes der Sozialversicherung und ohne Befungnis zu mündlichem Verhandeln vor Gericht gemäß § 157 Abs. 3 ZPO – ermächtigt sind (Anlagen 2, 3 zum Schriftsatz vom 29.02.2000, Bl. 158 – 161 d.A.).
Am 17.04.1999 erschienen im Anzeigenteil der FAZ unter der Rubrik „Stellen-Angebote” die beiden (als Anlagenkonvolut K 1, Bl. 4 – 6 d.A., vorgelegten, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 07.10.1999 im Original übergebenen, Bl. 65a, 65d d.A.) Stellenanzeigen, in denen die „KPMG” – ohne weitere Zusätze – als Personalsuchende auftrat und bei denen unter den jeweils in der rechten Spalte aufgelisteten Tätigkeitsbereichen „TAX & LEGAL SERVICES” aufgeführt war. Als Kontaktadresse war genannt: „KPMG, National Office, Recruiting-Team (Anschrift)”. Ähnliche Anzeigen, allerdings nur mit der Bezeichnung „TAX & LEGAL”, erschienen am 22.05.1999 (Bl. 65 b d.A.) und am 06.10.1999 (Bl. 65 c d.A.) wiederum in der FAZ, die Anzeige im Oktober unter der Rubrik „Berater und Dienstleister” neben redaktionellen Beiträgen.
Mit Schreiben vom 22.04.1999 (Anlage K 2, Bl. 7 f. d.A.) an die Beklagte beanstandete der Kläger die Anzeigen vom 17.04.1999 als Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG und §§ 1, 3 UWG und forderte zur Abgabe der beigelegten, strafbewehrten Unterlassungserklärung (Bl. 10 d.A.) auf. Dem kam die Beklagte nicht nach.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte, der die beanstandeten Anzeigen zuzurechnen seien, suggeriere darin den Lesern, sich mit jeder Rechtsfrage auch an die Beklagte als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wenden zu können. Sie biete daher, ohne über eine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG oder eine Zulassung zur Anwaltschaft zu verfügen, unbeschränkte Rechtsberatung an und verstoße da...