Entscheidungsstichwort (Thema)
Enthaftung von Geschäftsausstattung und Betriebsausstattung durch Veräußerung und Entfernung vom Grundstück. Enthaftung von Zubehörstücken. Schutzzweck der §§ 1133, 1134 Zivilprozessordnung (ZPO). Grundpfandrechte als sonstige Rechte i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB
Normenkette
InsO § 166; BGB § 823 Abs. 1, § 1121 Abs. 1, §§ 1133-1134, 1192 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Urteil vom 26.03.2002; Aktenzeichen 12 O 4933/01) |
BGH (Entscheidung vom 10.10.1984; Aktenzeichen VIII ZR 244/83) |
BGH (Entscheidung vom 21.03.1973; Aktenzeichen VIII ZR 52/72) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 26.03.2002 – Az.: 12 0 4933/01 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 58.271,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Zinssatz seit dem 26.11.2001 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten betragen 58.271,94 EUR.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Anteils vom Erlös aus der Verwertung des beweglichen Anlagevermögens, der Büro- und Geschäftsausstattung der Insolvenzschuldnerin.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage zurückgewiesen.
Nachdem die veräußerten Gegenstände aus den Räumen der Insolvenzschuldnerin entfernt worden sind, stehe ihr der Verwertungserlös zu. Die Beklagte als Insolvenzverwalterin sei berechtigt gewesen, die Gegenstände, an denen ein Absonderungsrecht bestand, freihändig zu verwerten. Mit Veräußerung und Entfernung der Gegenstände sei sie von der Haftung für Grundpfandrechte frei geworden und die Ansprüche der Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin seien erloschen. Dabei sei unerheblich, ob ein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Wirtschaft vorliege.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.
Sie stellt unstreitig, dass das gesamte bewegliche Anlagevermögen sowie die Geschäfts- und Betriebsausstattung im Juli 2001 verkauft und am 13.09.2001 vom Grundstück der Insolvenzschuldnerin verbracht worden ist.
Mit der Enthaftung der Geschäfts- und Betriebsausstattung nach § 1121 BGB sei das Grundpfandrecht der Klägerin pflichtwidrig beeinträchtigt worden. Die Beklagte habe schuldhaft die Enthaftung herbeigeführt. Der Klägerin stehe in Höhe des Verwertungserlöses ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Weil die Parteien am 12.09.2001 sich darauf verständigt hätten, dass an die Beklagte 113.970,00 DM gezahlt werden soll, beschränkt die Klägerin ihren begehrten Anspruch hierauf.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Chemnitz abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 58.251,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, die beweglichen Gegenstände zu verwerten. Zwar hätten die Parteien sich nicht darauf verständigt, dass die Geschäftsausstattung freihändig von der Beklagten zu veräußern sei. Voraussetzung für eine freihändige Veräußerung sei lediglich, dass die Insolvenzverwalterin bewegliche Gegenstände, an denen Absonderungsrechte bestehe, in Besitz hat.
Die Beklagte habe das Sicherungsgut nicht pflichtwidrig verwertet. Es entspreche dem ordnungsgemäßen Wirtschaften, wenn es wirtschaftlich geboten war, einen Betrieb in der Insolvenz stillzulegen und im Interesse der Insolvenzgläubiger zu verwerten.
Allein aus der Herbeiführung der Enthaftung nach § 1121 BGB könne auf die schuldhafte Verwirkung eines Schadenersatzanspruchs nicht geschlossen werden.
Die Klägerin sei selbst schuld, dass ihr der Verkaufserlös nicht zustehe. Sie hätte die Gegenstände sich sicherungsübereignen lassen oder den Antrag auf Durchführung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens stellen können.
Die Ausführungen der Klägerin hinsichtlich eines Schadenersatzanspruchs gegen die Insolvenzmasse seien bei der Entscheidung in der Berufungsinstanz nicht zu beachten, weil entsprechender Vortrag aus Nachlässigkeit der Klägerpartei in der ersten Instanz nicht erfolgt sei.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2002 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klägerin hat in Höhe der Klageforderung einen Zahlungsanspruch gegen die Insolvenzmasse (§ 823 Abs. 1 und §§ 823 Abs. 2, 1134, 1135 BGB, § 55 Abs. 1 N...