Leitsatz (amtlich)
Ergänzt die Erblasserin ihr handschriftliches Testament, mit dem sie ihren Ehemann als von allen Beschränkungen befreiten Vorerben und dessen Tochter sowie ihre beiden Nichten zu ihren Nacherben und zugleich als Ersatzvorerben zu je 1/3 Anteil eingesetzt und Testamentsvollstreckung angeordnet hat, später auf der Rückseite eines Blattes des Ursprungstextes durch die nicht gesondert mit ihrer Unterschrift versehene Anordnung einer Erweiterung der dem Testamentsvollstrecker übertragenen Aufgabe um die Verfügung einer Dauertestamentsvollstreckung hinsichtlich des der Tochter zugewendeten Anteils, so hängt die Formwirksamkeit davon ab, ob die Auslegung - wie hier bejaht - ergibt, dass die auf dem Testament bereits vorhandene Unterschrift die nachträgliche Ergänzung deckt.
Normenkette
BGB §§ 133, 242, 2136, 2209, 2247 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Neuss (Aktenzeichen 131 VI 153/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 2.
Geschäftswert: 700.000,- EUR
Gründe
I. Die Erblasserin errichtete unter dem Datum des 6. Oktober 2014 eine aus insgesamt neun handschriftlich beschriebenen Seiten bestehende letztwillige Verfügung (nebst einer Seite mit Anschriften einzelner der von ihr Bedachten). In der Folgezeit ergänzte oder änderte die Erblasserin ihr Testament mehrfach, dies in der Art und Weise, dass sie Passagen des am 6. Oktober 2014 geschriebenen Textes durchstrich, Einfügungen vornahm oder einzelne Seiten austauschte; in dem am 8. Mai 2020 eröffneten Testament sind die als nachträglichen Änderungen erkennbaren Verfügungen überwiegend unterzeichnet, teilweise auch datiert.
In ihrem Testament bestimmte die Erblasserin ihren Ehemann zu ihrem von allen Beschränkungen befreiten Vorerben und die Beteiligten zu 2 bis 4 zu ihren Nacherben und zugleich zu Ersatzvorerben zu je 1/3-Anteil. Die Beteiligte zu 2 ist die Tochter des am 11. Januar 2018 vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin, die Beteiligten zu 3 und 4 sind Nichten der Erblasserin. Auf S. 8 des Testaments ordnete die Erblasserin Testamentsvollstreckung an und bestimmte den Beteiligten zu 1 zum Testamentsvollstrecker mit den sich aus Ziffer (2) ergebenden Aufgaben. Unten auf S. 8 des Testaments findet sich das Kürzel "b.w.". Auf der Rückseite dieses Blattes, gekennzeichnet mit der Seitenzahl 8 a, verfügte die Erblasserin als Ziffer 2 a) die Dauertestamentsvollstreckung bezüglich des der Beteiligten zu 2 anfallenden Erbteils bis zu deren Ableben. Das Datum der Niederschrift auf dieser Seite hielt die Erblasserin nicht fest und unterzeichnete die Textpassage auch nicht.
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 21. April 2020, ergänzt mit Urkunde vom 25. Juni 2020, beantragte der Beteiligte zu 1 die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, wonach Abwicklungsvollstreckung für den Nachlass und Dauertestamentsvollstreckung für den auf die Beteiligte zu 2 entfallenden Erbanteil bis zu deren Tod angeordnet sei. Dazu hat er vorgebracht, er habe die Eheleute seit dem Jahr 2000 fortlaufend in erbrechtlichen Angelegenheiten beraten und wiederholt Vorlagen letztwilliger Verfügungen erstellt, die die Erblasserin dann niedergeschrieben habe. Die Textpassage mit der Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung habe er gemäß dem Wunsch der Erblasserin, dass der Beteiligten zu 2 die Früchte des ihr zufallenden Erbteils nicht zur freien Verfügung zustehen sollen, im Dezember 2016 entworfen. Entsprechend seiner Empfehlung habe die Erblasserin sodann auf der Rückseite von S. 8 des Testaments die zu ergänzende Passage niedergeschrieben. Die nach dem Tod des Ehemannes verfügten Streichungen und Änderungen des Testaments habe die Erblasserin auf seine Empfehlung hin abgezeichnet, da ihr Schriftbild erkennbar verändert und sie aufgrund nachlassender physischer Kräfte nicht mehr in der Lage gewesen sei, vollständige Niederschriften ganzer Seiten zu fertigen.
Mit Blick auf das Fehlen einer Unterschrift der Erblasserin unter der die Dauertestamentsvollstreckung anordnenden Verfügung hat die Beteiligte zu 2 die Auffassung vertreten, es handele sich insofern um eine unwirksame nachträgliche Ergänzung des Testaments, so dass sich das Testamentsvollstreckerzeugnis ausschließlich auf die Aufgabe der Abwicklungsvollstreckung beziehen dürfe. Der Wille der Erblasserin sei nicht schlüssig, denn die Rückseite mit der Bezeichnung 8 a und die dort allein zu findende Ziffer 2 a füge sich nicht in den Text ein; sie stehe im Widerspruch zu der unter dem Datum des 22. Januar 2019 auf S. 2 a des Testaments getroffenen und unterschriebenen Anordnung, nach der sämtliche Vorerben umfassend befreit seien.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 21. Juli 2020 die Tatsachen, die zur Begründung des vom Beteiligten zu 1 gestellten Antrages auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Der Zusatz zum Testament vom 6. Oktober 2014, der die Dauertestamentsvollstreckung h...