Leitsatz (amtlich)
Die Anordnung der Nachlassverwaltung ist kein Mittel zur Überwindung fehlender Mitwirkungsbereitschaft bzw. der Passivität einzelner Miterben bei der Nachlassauseinandersetzung sofern von diesem Verhalten nicht eine konkrete Gefährdung des Nachlasses ausgeht.
Normenkette
BGB § 1981 Abs. 2 S. 1; FamFG § 359 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Krefeld (Beschluss vom 16.12.2011; Aktenzeichen 123 VI 227/11) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Geschäftswert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die am 7.3.2011 verstorbene Erblasserin wurde laut Erbschein vom 21.7.2011 von ihrem Bruder und der Beteiligten, ihrer Schwester, je zu 1/3 und ihren Neffen M. und O. je zu 1/6 beerbt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24.10.2011 hat die Beteiligte beantragt, hinsichtlich des Nachlasses der Erblasserin Nachlassverwaltung anzuordnen.
Zur Begründung hat sie angeführt, sie sei mit Ausgaben anlässlich des Sterbefalles mit knapp 2.500 EUR aus eigenen Mitteln in Vorlage getreten; hinzu kämen eine Rentenrückforderung von knapp 600 EUR und möglicherweise noch nicht abgerechnete Betreuungskosten. Einer einvernehmlichen Auseinandersetzung des Erbes - insbesondere Kündigung der Geschäftsverbindung mit der Sparkasse und Auflösung des Wertpapierdepots stehe die Weigerung der Mitwirkung des Neffen und Miterben O. entgegen.
Das Nachlassgericht hat nach Hinweisen vom 26.10., vom 03. und vom 24.11.2011 mit Beschluss vom 16.12.2011 den Antrag auf Anordnung einer Nachlassverwaltung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Anordnung der Nachlassverwaltung auf das Gesuch der als Nachlassgläubigerin antragsberechtigten Beteiligten setze voraus, dass die Befriedigung sämtlicher Nachlassgläubiger aus dem Nachlass gefährdet ist.
Hiervon sei nicht auszugehen, da die Verbindlichkeiten dem hier vorliegenden Sachvortrag zur Folge auch noch aus dem neben dem Depot existierenden Guthaben befriedigt werden könnten.
Die Gläubigerin mache geltend, ein Miterbe sei nicht kooperativ und somit könne die Erbengemeinschaft ein Sparkassendepot zur Zeit nicht auflösen. Die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft des Miterben O. könne jedoch die Anordnung der Nachlassverwaltung nicht begründen. Durch das Verhalten müsse der Nachlass gefährdet sein. Die Gefährdung des Nachlasses könne im Verhalten oder der Vermögenslage des Miterben begründet sein. Darin, dass der Miterbe nicht auf Anschreiben der Erbengemeinschaft reagiere, sei eine konkrete Gefährdung des Nachlasses nicht zu erblicken. Über die Vermögenslage des Miterben sei nichts Weiteres bekannt. Säumnis allein in der Befriedigung des Gläubigers genügt nicht, weshalb der Antrag zurückzuweisen sei.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 21.12.2011 eingelegte Beschwerde der Beteiligten, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen aufgreift und vertieft.
Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 13.1.2012 dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2; 359 Abs. 2 FamFG zulässige Beschwerde der Beteiligten, die nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe beim Senat zur Entscheidung angefallen ist (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG), bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Nachlassgericht den Antrag der Beteiligten als zurückgewiesen.
1. Die Nachlassverwaltung dient - aus der Sicht eines Erben - in erster Linie der Abwehr einer Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben (Palandt/Weidlich, BGB, 70. Aufl. 2011, § 1975 Rz. 1). Antragsberechtigt ist der Erbe, ferner jeder Nachlassgläubiger, auch wenn er zugleich Miterbe ist (Palandt/Weidlich, a.a.O., Rz. 2).
Voraussetzung für die Anordnung der Nachlassverwaltung ist dann, dass die Befriedigung sämtlicher, nicht nur einzelner Nachlassgläubiger aus dem Nachlass gefährdet ist und dies entweder auf dem Verhalten des Erben oder auf seiner Vermögenslage beruht, § 1981 Abs. 2 Satz 1 BGB. Als Verhalten des (Mit-) Erben kommen z.B. die leichtfertige Verschleuderung des Nachlasses, Gleichgültigkeit bzw. die voreilige Befriedigung einzelner Nachlassgläubiger in Betracht; eine schlechte Vermögenslage des Erben ist anzunehmen, wenn wegen geringen eigenen Vermögens die Gefahr besteht, dass eigene Gläubiger des (Mit-) Erben auf den Nachlass Zugriff nehmen (Palandt/Weidlich, a.a.O., Rz. 3).
2.a) Verschleuderung, Gleichgültigkeit oder Eigenmächtigkeit in Bezug auf den Erhalt des Wertes des Nachlasses und eine hieraus abzuleitende Gefährdung desselben ist dem Neffen und Miterben O. nicht vorzuwerfen. Auch besteht kein Anhalt dafür, dass der Miterbe mit Blick auf ein geringes Niveau eigenen Vermögens den Nachlass dem Zugriff eigener Gläubiger aussetzt und ihn dadurch gefährdet.
b) Als Mittel zur Überwindung fehlender Mitwirkungsbereitschaft bzw. der Passivität einzelner Miterben bei der Nachlassauseinandersetzung ist die Nachlassverwaltung n...