Leitsatz (amtlich)

Fortführung der Firma bedeutet nicht zwingend deren wortgetreue Übernahme. Entscheidend ist, ob der Handelsverkehr trotz erkennbarer Änderungen der Firma von der Kontinuität des Unternehmens ausgehen darf.

 

Normenkette

BGB § 535; HGB § 25

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 310/03)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

 

Tatbestand

Die Klägerin hatte an "Die Villa, Elegante Inneneinrichtungen GmbH", deren Geschäftsführerin die Beklagte war, in M. Gewerberäume vermietet. Aus einem Versäumnisurteil gegen die GmbH wegen Mietrückstände vollstreckte die Klägerin fruchtlos. Mangels Masse wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die GmbH abgelehnt.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin in Anspruch und behauptet, die Beklagte betreibe unter "Die Villa, Ba. B. (ihrem Namen) Inneneinrichtungen" das Unternehmen als Einzelfirma weiter. Die Beklagte tritt dem entgegen mit der Behauptung, sie habe, nachdem die GmbH mit Auszug aus den gemieteten Räumen ihren Geschäftsbetrieb eingestellt habe, ein eigenes Geschäft mit anderem Geschäftsgegenstand begonnen. Das LG hat der Klage stattgegeben. Nach dem Hinweis des Senats hat die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist richtig und auch nach erneuter Überprüfung ergeben sich keine Gründe für die beantragte Abänderung. Ergänzend wird im Hinblick auf die Berufungsbegründung auf Folgendes hingewiesen:

I. Nach § 25 Abs. 1 HGB haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts, wenn er dieses unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

1. Unerheblich ist, ob ein die Unternehmensfortführung regelnder Vertrag vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für den Haftungstatbestand des § 25 Abs. 1 S. 1 HGB allein auf die durch die Firmenfortführung nach außen dokumentierte Kontinuität des in seinem wesentlichen Bestand fortgeführten Unternehmens, nicht aber auf ein internes Vertragsverhältnis an. Dieses kann sogar vollständig fehlen (BGH v. 16.1.1984 - II ZR 114/83, MDR 1984, 646 = NJW 1984, 1186; NJW 1986, 581; v. 4.11.1991 - II ZR 85/91, MDR 1992, 564 = NJW 1992, 911 [912]). Soweit im Schrifttum teilweise die gegenteilige Auffassung vertreten wird (Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 29 Rz. 32 f.; Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 2. Aufl., § 25 Rz. 9 f.), ist dem nicht zu folgen. Denn der Haftungsgrund der typisierten Rechtsscheinhaftung des § 25 Abs. 1 HGB liegt in der für den Rechtsverkehr nach außen erkennbaren Unternehmenskontinuität. Dieser ggü. spielt ein Übernahmevertrag keine bedeutende Rolle. Im Übrigen dürfte regelmäßig eine stillschweigende vertragliche Übereinkunft betreffend die Unternehmensfortführung zwischen dem Unternehmer (hier: Alleingeschäftsführerin der GmbH) und dem Fortführer, die hier auch personenidentisch sind, begründet sein, auch wenn die nachteilige Rechtsfolge der Haftung für Verbindlichkeiten nicht gewollt ist.

2. Das Unternehmen "Die Villa - Elegante Inneneinrichtungen GmbH" (im Folgenden: GmbH) betrieb ein Handelsgeschäft, sie war Handelsgesellschaft i.S.d. HGB (§ 13 Abs. 3 GmbHG).

3. Die Beklagte hat die Firma, d.h. den Namen, unter dem die GmbH auftritt, fortgeführt. Soweit sie meint, bei der von ihr verwendeten Bezeichnung "Die Villa" handele es sich nur um ein Logo zu Zwecken der Werbung, dies sei aber nicht Bestandteil ihrer Firmierung, welche auf "Ba B Inneneinrichtungen" laute, kann ihr nicht gefolgt werden.

a) Für eine Haftung aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB kommt es nicht auf eine wort- und buchstabengetreue Übereinstimmung zwischen alter und neuer Firma an, sondern nur darauf, ob nach der maßgeblichen Sicht des Verkehrs trotz vorgenommener Änderungen noch eine Fortführung der Firma vorliegt (statt aller BGH NJW 1982, 477; v. 4.11.1991 - II ZR 85/91, MDR 1992, 564 = NJW 1992, 911 [912], m. zahlr. N. zum Schrifttum; Graf von Westphalen, HGB, 2. Aufl., § 25 Rz. 19). Es muss deshalb darauf abgestellt werden, unter welchem Namen die Beklagte ihre Geschäfte betreibt (§ 17 Abs. 1 HGB). Entscheidend ist insoweit, ob der Verkehr die neue Geschäftsbezeichnung noch mit der alten identifiziert. Wer den Eindruck der Verlautbarung einer Unternehmenskontinuität und die an sie anknüpfende Rechtsfolge der Haftungskontinuität vermeiden und auch nicht auf die Möglichkeiten des § 25 Abs. 2 HGB zurückgreifen will, muss durch die Wahl einer eindeutig anderen Firma für den nötigen Abstand von der alten sorgen und darf sich nicht an diese "anhängen" (BGH v. 4.11.1991 - II ZR 85/91, MDR 1992, 564 = NJW 1992, 911 [912]).

b) Dies jedoch hat die Beklagte getan. Auch wenn sie nicht im Handelsregister eingetragen ist, so verwendet sie doch in allen Be...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge