Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Aktenversendung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens handelt es sich um eine Justizverwaltungsangelegenheit, für die gem. §§ 1, 5 Abs. 1 S. 1 JVKostO entsprechend § 137 Abs. 1 Nr. 3 KostO Auslagen i.H.v. EUR 12 erhoben werden können, wenn diese "auf Antrag" erfolgt. An diesem Merkmal fehlt es, wenn die Aktenversendung im Rahmen der Amtshilfe erfolgt.
2. Eine gesetzliche Krankenversicherung ist rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung, § 4 Abs. 1 SGB V, und gehört zur mittelbaren Staatsverwaltung, Art. 87 Abs. 2 GG.
Normenkette
GG Art. 87 Abs. 2; GKG-VV Nr. 9003; JVKostO §§ 1, 5 Abs. 1 S. 1; KostO § 137 Abs. 1 Nr. 3; SGB V § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 03.11.2011; Aktenzeichen 16 O 24/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - vom 3.11.2011 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Im hiesigen Rechtsstreit wurde dem Kläger wegen eines Verkehrsunfalls materieller und immaterieller Schadensersatz wegen der unfallbedingten Verletzungen zugesprochen. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bat die Kostenschuldnerin als gesetzliche Krankenversicherung des Klägers im Rahmen der Amtshilfe um Akteneinsicht, die ihr gewährt und mit der Auslagenpauschale gemäß GKG KV-Nr. 9003 von EUR 12 in Rechnung gestellt wurde. Auf die Erinnerung der Kostenschuldnerin hat das LG den angefochtenen Kostenansatz aufgehoben und die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung ausdrücklich zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse.
II. Die Beschwerde der Landeskasse vom 19.12.2011 (Bl. 83 GA) gegen den Beschluss der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - vom 3.11.2011 (Bl. 75 ff. GA) ist gem. § 66 Abs. 2 S. 2 GKG kraft Zulassung zulässig, jedoch nicht begründet. Ohne Erfolg rügt die Landeskasse die Aufhebung des Kostenansatzes in Höhe der Aktenversendungspauschale. Für die Aktenversendung sind keine Auslagen zu erheben.
1. Das GKG einschließlich Kostenverzeichnis findet nur Anwendung für Verfahren, die in § 1 GKG enumerativ aufgezählt sind. Hierzu gehört die fragliche Aktenversendung nicht. Sie erfolgte nicht im Rahmen eines der in § 1 GKG aufgeführten Verfahren, insbesondere nicht im Rahmen eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten. An dem abgeschlossenen Klageverfahren 16 O 24/10 LG Düsseldorf war die Kostenschuldnerin nicht beteiligt. Der mögliche Regressprozess stand nicht sicher bevor, weil die Akteneinsicht erst dazu dienen sollte, zu prüfen, ob überhaupt ein solcher Regressprozess eingeleitet wird.
2. Bei der Aktenversendung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens handelt es sich um eine Justizverwaltungsangelegenheit, für die gem. §§ 1, 5 Abs. 1 S. 1 JVKostO entsprechend § 137 Abs. 1 Nr. 3 KostO Auslagen i.H.v. EUR 12 erhoben werden können, wenn diese "auf Antrag" erfolgt. An diesem Merkmal fehlt es, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Aktenversendung im Rahmen der Amtshilfe erfolgt ist.
a. Aus der Historie der gesetzlich festgelegten Aktenversendungspauschale folgt, dass eine Aktenversendungspauschale im Falle der Amtshilfe nicht erhoben wird.
Bis zum In-Kraft-Treten des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 sah weder das GKG noch die KostO eine Aktenversendungspauschale vor. Für den Bereich der Justizverwaltungsangelegenheiten war in § 5 Abs. 3 JVKostO geregelt: "Für die Versendung von Akten durch die Post wird eine Auslagenpauschbetrag von 10 Deutsche Mark je Sendung erhoben; dies gilt nicht bei der Versendung von Akten im Wege der Amtshilfe."
Durch Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 wurde sowohl im GKG (KV-Nr. 9003) als auch in der KostO (§ 137 Nr. 4) "für die Versendung von Akten auf Antrag je Sendung pauschal" ein Betrag von 15 Deutsche Mark festgelegt; der vormalige § 5 Abs. 3 JVKostO wurde ersatzlos gestrichen. Zur Begründung wurde ausgeführt: "Der neu eingeführte Auslagentatbestand übernimmt weitgehend die Bestimmungen des geltenden § 5 Abs. 3 JVKostO. Er ermöglicht pauschal die Abgeltung von Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass Akteneinsichten an einem anderen Ort als dem der aktenführenden Stelle gewünscht und dadurch Versendungen notwendig werden. Es besteht kein Anlass, die durch solche besonderen Serviceleistungen der Justiz entstehenden Aufwendungen unberücksichtigt zu lassen. Erhoben werden soll der vorgeschlagene Pauschbetrag, wenn die Versendung beantragt wird; damit ist zugleich die in dem geltenden § 5 Abs. 3 JVKostO geregelte Ausnahme erfasst, dass Auslagen nicht angesetzt werden, wenn die Versendung im Wege der Amtshilfe erfolgt. Die Vorschrift wirkt vereinfachend, weil die oft schwierige Abgrenzung, ob eine Aktenversendung als Angelegenheit der Justizverwaltung (dann Anwendbarkeit der JVKostO) oder als eine solche der Rechtspflege zu betrachten ist (bisher kostenfrei) weitgehend entfällt." (BT-Drucks. 12/6962, 87, Unterstreichung dur...