Leitsatz (amtlich)
1. Zur Anfechtbarkeit eines GmbH-Gesellschafterbeschlusses, der an einem unzulässigen Versammlungsort gefasst wurde.
2. Zum Beginn der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB, wenn dem Geschäftsführer einer GmbH zunächst auf der Grundlage eines mit Erfolg angefochtenen Gesellschafterbeschlusses gekündigt und diese Kündigung später auf der Grundlage eines Bestätigungsbeschlusses wiederholt wird.
3. Zur Berücksichtigung der heilenden Wirkung analog § 244 S. 1 AktG schon vor Eintritt der Rechtskraft in dem instanzbeendenden Urteil bei einer sog. Doppelanfechtung.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 2; GmbHG § 48; AktG § 244
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 17.01.2003; Aktenzeichen 40 O 258/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.1.2003 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 16.8.2002 gefassten Beschlüsse, den zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrag fristlos zu kündigen und den Beklagten als Geschäftsführer abzuberufen, werden für die Zeit bis zur Beschlussfassung vom 20.9.2002 für nichtig erklärt.
Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 83 % und die Beklagte zu 17 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des für die jeweils andere Partei aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Geldbetrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Zum Sachverhalt wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, dass die Wahl des Versammlungsortes L. keine Anfechtbarkeit des Beschlusses vom 16.8.2002 begründe, weil auch eine Beschlussfassung am zulässigen Ort zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. Im Übrigen sei ein Mangel des Beschlusses vom 16.8.2002 durch den Beschluss vom 20.9.2002 geheilt worden, so dass die Anfechtbarkeit nun nicht mehr geltend gemacht werden könne. Für die Einhaltung der Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei die Kündigungserklärung vom 16.8.2002 maßgeblich. An der Feststellung einer vorübergehenden Nichtigkeit des Beschlusses vom 16.8.2002 habe der Kläger als Gesellschafter auch kein rechtliches Interesse.
Die Beklagte beantragt sinngemäß, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil in dem seiner Klage stattgebenden Teil und bestreitet, dass er versucht habe, Mitarbeiter oder Kunden der Beklagten abzuwerben und/oder auf ein Konkurrenzunternehmen überzuleiten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die nachstehenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die zulässige Klage ist auch hinsichtlich des Antrages, den in der Gesellschafterversammlung vom 20.9.2002 zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages gefassten Beschluss für nichtig zu erklären, unbegründet. Die weiter gehende Berufung ist unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Die Frage, ob der Kläger tatsächlich noch Mitgesellschafter ist, ist im Rahmen der Begründetheit zu behandeln. Für die Zulässigkeit ist entscheidend, dass der Kläger seiner Auffassung nach Mitgesellschafter ist und als Mitgesellschafter klagt.
b) Soweit der Gesellschafterbeschluss vom 20.9.2002 heilende Wirkung entfaltet, hat der Kläger als Mitgesellschafter, als der er klagt, ein rechtliches Interesse daran, dass der bestätigte Beschluss vom 16.8.2002 für die Zeit bis zur Bestätigung für nichtig erklärt wird. Denn für die Gesellschaft und damit den Kläger als Mitgesellschafter ist von Bedeutung, durch wen die Gesellschaft in der Zeit vom 16. August bis zum 20.9.2002 organschaftlich mit den sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten vertreten wurde und ob der Anstellungsvertrag mit den sich daraus für die Gesellschaft ergebenden Rechten und Pflichten zunächst fortbestanden hat.
2. Das LG hat die in den Gesellschafterversammlungen vom 16.8. und 20.9.2002 gefassten Beschlüsse, den Anstellungsvertrag zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits fristlos zu kündigen, für nichtig erklärt und weiter festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung vom 16.8.2002 gefasste Beschluss, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen, bis zu dem bestätigenden Beschluss vom 20.9.2002 nichtig war. Dieses Ergebnis hält hinsichtlich der am 20.9.2002 erfolgten Beschlussfassung zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages einer Überprüfung nicht stand; hinsichtlich der Abberufung des Klägers i...