Leitsatz (amtlich)
1. Der "Herausformwechsel" einer deutschen GmbH nach Italien in die dortige Rechtsform einer S. r. l. ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 49 und 54 AEUV bzw. vormals Art. 43 und 48 EGV grundsätzlich zulässig.
2. Zur entsprechenden Anwendung von § 202 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 und Abs. 3 UmwG durch das Registergericht auf einen derartigen "Herausformwechsel", für den Fall, dass die entsprechende Eintragung im Handelsregister in Rom/Italien bereits erfolgt ist.
Normenkette
UmwG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 191 Abs. 2, § 202 Abs. 1 Nr. 1, § 202 Nr. 3, § 202 Abs. 2-3; AEUV §§ 49, 54; EGV §§ 43, 48
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.02.2015) |
Tenor
Das Registergericht wird angewiesen, die Anmeldung vom 15.09.2014 (unterschriftsbeglaubigt mit Urkunde Nr .../2014 des Notars A, Stadt1) nicht aus den Gründen seines angefochtenen Beschlusses vom 02.02.2015 zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist derzeit im Handelsregister des AG Frankfurt am Main als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingetragen, wobei sich deren Stammkapital nach einer Erhöhung seit dem 14.06.2006 auf 500.000 EUR beläuft.
Im Handelsregister eingetragener Sitz der Beschwerdeführerin ist, wie bereits zum Zeitpunkt ihrer Gründung, Stadt1. Dem entspricht die Fassung des letzten zum Sonderband der Registerakten genommenen Gesellschaftsvertrages der Beschwerdeführerin in dessen § 1 (2), wo es heißt: "Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Stadt1 und im Rahmen der Gesetze kann sie Zweitsitze, Filialen und Repräsentanzen - auch im Ausland - einrichten" (Bl. 208 des Sonderbandes der Registerakten).
Alleiniger im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist B.
Ausweislich der letzten im Handelsregister am 27.10.2014 aufgenommenen Gesellschafterliste vom 21.10.2014 sind Gesellschafter der Beschwerdeführerin der zuvor genannte Geschäftsführer mit sechs Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 421.450,00 EUR sowie C mit drei Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 78.550,00 EUR. Zuvor wies die zum 13.06.2007 erstellte, und im elektronischen Handelsregister einsehbare Gesellschafterliste der Beschwerdeführerin neben den vorgenannten beiden Gesellschaftern noch die Beschwerdeführerin selbst mit drei eigenen Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 25.150,00 EUR aus, die nunmehr auch von dem Geschäftsführer gehalten werden.
Die hier verfahrensgegenständliche Anmeldung des Geschäftsführers vom 15.09.2014, auf die nebst ihren Anlagen Bezug genommen wird, hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"...
und melde zur Eintragung an:
1. § 1 (2) des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt geändert:
"§ 1 Firma, Sitz
(2) die Gesellschaft hat ihren Sitz in Rom (Italien)."
2. Die Gesellschafter wählen als italienische Rechtsform die "società a responsabilita limitata". Der Antrag in das Handelsregister Rom wird bei einer vor dem italienischen Notar unverzüglich abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt.
3. Die Gesellschaft wird ihre Geschäftsadresse unter folgender Anschrift in Italien haben: Anschrift1, Rom, Italien ...".
Die Anmeldung nimmt Bezug auf einen Gesellschafterbeschluss der Beschwerdeführerin vom 15.09.2014 zu Urkundenrolle Nr .../2014 des Notars A, Stadt1, auf den Bezug genommen wird.
Ausweislich des Inhalts dieser Urkunde ist der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin für sich selbst, aufgrund einer von einer italienischen Notarin unterschriftsbeglaubigten Vollmacht des Mitgesellschafters C vom 11.09.2014 für diesen sowie als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin aufgetreten und hat folgenden Beschluss gefasst:
"...
1. § 1 (2) des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt geändert:
"§ 1 Firma, Sitz
(2) die Gesellschaft hat ihren Sitz in Rom (Italien)."
2. Die Gesellschafter wählen als italienische Rechtsform die "società a responsabilita limitata". Der Antrag an das Handelsregister Rom wird bei einer vor dem italienischen Notar unverzüglich abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt.
...".
Mit Schreiben vom 29.09.2014 hat eine Rechtspflegerin des Registergerichts den Notar A mit der Bitte um Rücknahme der Anmeldung angeschrieben (Bl. 99 der Registerakten). Unter Bezugnahme auf eine Kommentarstelle hat die Rechtspflegerin die Auffassung vertreten, der Satzungssitz müsse ein Ort innerhalb Deutschlands sein. Des Weiteren sei eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben. Es werde darauf hingewiesen, dass eine grenzüberschreitende Sitzverlegung derzeit noch nicht möglich sei.
Nachfolgend hat sodann zunächst Rechtsanwalt E mit Schreiben vom 20.09.2014 unter Bezugnahme auf ein Telefonat mit der Rechtspflegerin des Registergerichts eine Kopie des Ausdrucks eines Urteils des OLG Nürnberg vom 19.06.2013, Az. 12 W 520/13, an das Registergericht übersandt (Bl. 100 ff. der Registerakten).
Mit Schreiben vom 25.09.2014 an den Notar A hat die Rechtspflegerin des Registergerichts sodann mitgeteilt, die Entscheidung des OLG Nürnberg stelle nicht fest, dass eine grenzüberschreitende Sitzverlegung möglich sei. ...