Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbräuchlichkeit der Niederlegung der Geschäftsführung des GmbH-Alleingesellschafters
Leitsatz (amtlich)
Rechtsmissbräuchlichkeit der Amtsniederlegung des alleinigen Geschäftsführers und Gesellschafters einer GmbH auch nach vorheriger Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft und trotz Einführung von § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG und § 15a Abs. 3 InsO durch das MoMiG. (Anschluss an u.a. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 17.12.2010 - 25 Wx 56/10; v. 6.12.2000 - 3 Wx 393/00; OLG München, Beschlüsse vom 16.3.2011 - 31 Wx 64/11; v. 29.5.2012 - 31 Wx 188/12.)
Normenkette
GmbHG § 35 Abs. 1 S. 2, § 39
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 30.05.2011; Aktenzeichen HRB) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Durch Beschluss des AG Darmstadt - Insolvenzgericht - vom 2.7.2010 ist der am 6.11.1990 in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden. Durch weiteren Beschluss dieses Insolvenzgerichts vom 3.1.2011 (Az ... IN .../10) ist dann über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden; dies hat am 7.1.2011 zur Eintragung der Auflösung der Gesellschaft in deren Handelsregisterblatt geführt.
Das Insolvenzverfahren ist derzeit noch nicht beendet.
Der Beschwerdeführer als Alleingesellschafter und -geschäftsführer hat mit Anmeldung vom 3.5.2011 zum Handelsregister der Gesellschaft angemeldet, dass er sein Amt als Geschäftsführer mit Schreiben vom 28.4.2011 mit Wirkung ab dem Tage der Eintragung in das Handelsregister niedergelegt hat (Bl. 53a ff. der Registerakte).
Ein Rechtspfleger des Registergerichts hat daraufhin mit Schreiben vom 5.5.2011 (Bl. 54 der Registerakte) insbesondere darauf hingewiesen, dass die Amtsniederlegung im Register nicht gewahrt werden könne, weil eine solche durch den geschäftsführenden Alleingesellschafter rechtmissbräuchlich und damit unwirksam sei, wenn der Alleingesellschafter nicht gleichzeitig einen neuen Geschäftsführer bestellt habe. Es werde daher gebeten, die Anmeldung binnen einer Woche zurückzunehmen; andernfalls erfolge eine Antragszurückweisung.
Seitens des die Anmeldung einreichenden Notariats wurde daraufhin mit Schriftsatz vom 27.5.2011 Stellung genommen (wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 57 ff. der Registerakte Bezug genommen). Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass auch bei einer Einmann-GmbH die Amtsniederlegung nicht wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sei; Folge der Amtsniederlegung sei vielmehr, dass der Einmann-Gesellschafter Empfangsvertreter werde. Außerdem könne nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und herrschenden Lehre der Geschäftsführer jederzeit und fristlos oder befristet sein Amt niederlegen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein wichtiger Grund vorliege und ohne Rücksicht auf die Kündigungsfristen des Anstellungsvertrages. Dies gelte auch für den Gesellschafter-Geschäftsführer. Die Amtsniederlegung sei auch dann (sofort) wirksam, wenn sie zur Unzeit oder sonst rechtsmissbräuchlich erfolge, was sich aus dem Gebot der Rechtssicherheit ergebe. Auch sei kein Schaden für die Gläubiger der Gesellschaft oder die Allgemeinheit zu besorgen, da über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, wodurch sämtliche Befugnisse gem. §§ 21, 80 InsO auf den Insolvenzverwalter übergegangen seien, weshalb dem Beschwerdeführer nur noch ein inhaltsleeres Amt übrig geblieben sei. Auch sei das Gewerbe zum 26.8.2010 abgemeldet worden. Hinzu komme weiterhin, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Gesellschaft durch den bestellten Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 6.1.2011 fristlos gekündigt worden sei. Somit sei dem Beschwerdeführer nichts mehr von seinem Amt als Geschäftsführer geblieben, mit Ausnahme etwaiger bestehender gesellschaftsrechtlicher Verhältnisse. Nach Insolvenzeröffnung und Kündigung sei er nur noch eine Galionsfigur ohne Befugnisse und Rechte.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.5.2011 hat der Rechtspfleger des Registergerichts die Anmeldung unter Vertiefung der Darlegungen aus seinem Hinweisschreiben vom 5.5.2011 zurückgewiesen (wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 60 f. der Registerakte Bezug genommen). Der Unwirksamkeit der Amtsniederlegung stehe auch nicht entgegen, dass über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Es gebe weiterhin Aufgaben, die nur von den organschaftlichen Vertretungsorganen erfüllt werden könnten. Dazu gehörten neben den Pflichten gegenüber dem Registergericht (z.B. der Einreichung einer Gesellschafterliste) auch die Pflichten im Insolvenzverfahren.
Gegen diesen am 6.6.2011 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Schriftsatz an das Registergericht vom 5.7.2011 - dort vorab eingegangen am selben Tag - Beschwerde eingelegt, wegen deren Begründung im Einzelnen auf den Beschwerdeschriftsatz, Bl. 63 ff. d...