Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.04.2005; Aktenzeichen 3/8 O 130/02) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antragsgegner hat dem Vertreter der außenstehenden Aktionäre für die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren eine Vergütung und Auslagen von 300 EUR zu erstatten.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
Das im Jahre 2002 eingeleitete Spruchverfahren betrifft die Verschmelzung der M.-R.E.AG Frankfurt am Main mit der von dem Antragsgegner als Insolvenzverwalter vertretenen Gesellschaft als übernehmendem Rechtsträger, auf welche zeitgleich auch die N.R.E.AG Hamburg verschmolzen wurde.
Das AG Hamburg eröffnete mit Beschluss vom 28.2.2005 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der früheren Antragsgegnerin wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung und bestellte Rechtsanwalt T. zum Insolvenzverwalter.
Daraufhin beschloss des LG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 5.4.2005, dass das Spruchverfahren gem. § 240 ZPO unterbrochen ist und nach sechs Monaten als erledigt behandelt werde.
Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 4) und 5) mit der sofortigen Beschwerde, der das LG mit Beschluss vom 4.5.2005 nicht abgeholfen hat.
Da es sich bei der angefochtenen Entscheidung über die Unterbrechung des Verfahrens um eine Zwischenentscheidung handelt, ist diese nicht mit der für instanzabschließende Entscheidungen vorgesehenen sofortigen Beschwerde nach § 12 SpruchG, sondern mit der einfachen Beschwerde nach §§ 17 Abs. 1 S. 1 SpruchG, 19 FGG anfechtbar.
Das Rechtsmittel führt auch in der Sache zum Erfolg, da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin nicht zu einer Unterbrechung des Spruchverfahrens in entsprechender Anwendung des § 240 ZPO führt.
Nach herrschender Auffassung findet eine Unterbrechung des Spruchverfahrens bei Insolvenz des Unternehmensträgers, gegen welchen sich der Anspruch auf Abfindung oder Ausgleich richtet, nicht statt (BayObLG DB 1978, 2163; v. 14.10.1986 - 3 ObOWi 122/86, MDR 1987, 256 = DB 1987, 85; v. 4.6.1997 - 3Z BR 159/94, 1876; BGH v. 11.9.2000 - II ZB 21/99, AG 2001, 129 = ZIP 2000, 2066; Klöcker/Frowein, SpruchG, § 11 Rz. 31; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 4. Aufl., Anh. zu § 328 AktG: § 11 SpruchG Rz. 17; BayObLG DZWIR 2002, 430; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., vor § 8 Rz. 4; Baumbach/Hartmann, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz. 7; Uhlenbruck, InsO, § 85 Rz. 8, Rz. 5; a.A. Stürmer in FS Uhlenbruck 2000, S. 669 ff.; Malitz, EWiR 2003, 71). Der Senat folgt der herrschenden Auffassung. Zwar wird für echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit teilweise die entsprechende Anwendung der §§ 239, 240 ZPO in Erwägung gezogen (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 12 Rz. 116, Rz. 230). Für das Spruchverfahren kommt dies jedoch wegen dessen Besonderheiten nicht in Betracht. Die gerichtliche Entscheidung in Spruchverfahren, durch die eine höhere Abfindung oder ein höherer Ausgleich festgesetzt wird, begründet anders als ein Urteil im Zivilprozess nicht eine unmittelbare Leistungspflicht. Vielmehr führt die gerichtliche Entscheidung zu einer rückwirkenden Umgestaltung des der jeweiligen Strukturmaßnahme zugrunde liegenden Unternehmensvertrages bezüglich der Höhe des festgesetzten Ausgleichs und/oder der Abfindung und hat eine inter-omnes-Wirkung nicht nur für die Verfahrensbeteiligten, sondern für alle betroffenen Anteilsinhaber (so jetzt ausdrücklich auch §§ 13 und 16 SpruchG). Diese Besonderheiten des Spruchverfahrens, das den Abfindungs- oder Ausgleichsanspruch weiter gehend als der Zivilprozess der Disposition der Verfahrensbeteiligten entzieht, stehen der Anwendung des § 240 ZPO über die Unterbrechung des Verfahrens sowie der hiermit in Verbindung stehenden Vorschriften der §§ 85, 86 und 179 InsO über die Aufnahme und Fortführung des Verfahrens sowie die Anmeldung von Ansprüchen zur Insolvenztabelle entgegen.
Zwar ist nach der neuen Regelung des § 11 Abs. 2 SpruchG nunmehr auch ein Verfahrensabschluss durch eine gütliche Einigung aller Verfahrensbeteiligten, auf die das Gericht in jeder Lage des Verfahrens hinwirken soll, in entsprechender Anwendung der Vorschriften für die Niederschrift eines Vergleiches in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten möglich, die dann zur Schaffung eines Vollstreckungstitels führt (§ 11 Abs. 2 S. 3 SpruchG). Der Senat lässt dahinstehen, ob aus dieser Regelung geschlossen werden kann, dass nunmehr für dem neuen SpruchG unterliegende Spruchverfahren eine Unterbrechung bei Insolvenz des die Abfindung oder den Ausgleich schuldenden Rechtsträgers und Antragsgegners gem. § 5 SpruchG in entsprechender Anwendung des § 240 ZPO in Betracht gezogen werden kann, obwohl das neue SpruchG hierzu eine ausdrückliche Regelung nicht enthält und die bisherige herrschende Auffassung auch für den Gesetzgeber bekannt gewesen sein dürfte. Denn das vorliegende Spruchverfahren vor dem LG hat vor dem 1.9.2003 begonnen und unterliegt deshalb ge...