Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Aufklärungspflichten beim Abschluss von Franchise-Verträgen gehört auch die Information über den wirtschaftlichen Erfolg anderer Franchise-Nehmer
Normenkette
BGBEG Art. 229 § 6 Abs. 4; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 16.09.2008; Aktenzeichen 16 O 289/05) |
BGH (Aktenzeichen VII ZR 132/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urt. der 4. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt mit dem Sitz in Offenbach am Main v. 16.9.2008 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urt. ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des festgesetzten Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages stellen.
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt 183.737,02 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin, die zuletzt in einem nach dem Franchise-System "Küche Aktiv" geführten Küchengeschäft als erfolgreiche angestellte Küchenverkäuferin tätig gewesen war (Zeugnis Bl. 132 d.A.), entschloss sich, um mehr Verdienst und Selbständigkeit zu erlangen (Bl. 1346 d.A.), nach zweieinhalbjähriger Überlegungs- und Vorbereitungsphase 1998 zur Beteiligung am ...-Franchise-System.
Dieses Franchise-System ... war 1994 ... als eine von vier Vertriebsschienen ... ins Leben gerufen worden und wurde von der Beklagten, ihrem Tochterunternehmen, organisiert. Jeder Franchise-Interessent sollte an seinem Standort unter Beteiligung der ... eine "Küchen- und Elektro Vertriebsgesellschaft ... gründen, welche sich an der ..." als Kommanditist beteiligen, mit der Beklagten einen dreijährigen Franchise-Vertrag, mit der "... einen Zentralregulierungsvertrag und mit der ... einen Dienstleistungsvertrag schließen sollte. Seinerzeit gab es ca. 30 ... Betriebe, heute sind es ca. 50.
Nach der Bespr. und notariellen Protokollierung der Verträge (Bl. 113 ff) im Oktober 1998 eröffnete die Klägerin mit Darlehen von 300.000 DM und einem Eröffnungskostenzuschuss der Beklagten von 193.000 DM Ende Dezember 1998 ihr ... Küchenhaus in ..., welches sie mangels wirtschaftlichen Erfolgs im März 2001 wegen Insolvenz (81 IN 13/01 AG Münster) wieder schließen musste. Wegen des Sollsaldos aus dem Zentralregulierungsvertrag wurden die Klägerin und ihr Ehemann, der Zeuge ..., die für die ... gebürgt hatten, aus dem von ihnen abgegebenen notariellen Schuldversprechen über 150.000 DM als Gesamtschuldner in Anspruch genommen. Die hiergegen mit der Begr. der Sittenwidrigkeit des Franchise-Konzeptes gerichtete Vollstreckungsgegenklage (8 O 153/01 LG Bochum) nahmen sie nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung zurück. Der Ehemann der Klägerin, der eine "Interessengemeinschaft ... Geschädigter" (vgl. seine Rundbriefe Bl. 218 - 227 d.A.) organisierte, verlangte den zur Abwendung der Vollstreckung gezahlten Betrag von der ..." vergeblich (Urteil des LG Darmstadt 13 O 299/03; Hinweisbeschluss des OLG Frankfurt am Main 13 U 37/04) zurück.
Mit der - mit am 30.12.2004 eingereichtem Mahnbescheidsantrag eingeleiteten - Klage begehrt die Klägerin Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden sei, durch falsche Auskünfte zur Beteiligung am ... Franchise-System verleitet ("gezielt getäuscht" - Bl. 29 d.A., "belogen" - Bl. 42 d.A.) worden zu sein. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das LG hat nach Beweisaufnahme mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Rechtsmitteln.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, an sie über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus weitere 51.069,88 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze wird verwiesen.
Der Senat hat ... erneut sowie den früheren Geschäftsführer der Beklagten ... erstmals als Zeugen vernommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften v. 11.11.2010 und 7.2.2011 Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, der dem Rechtsmittel der Klägerin zu versagen ist, denn die Klage ist unbegründet.
1. Entgegen der in der Berufungsschrift von der Beklagten dargelegten Auffassung ist die Klageforderung, soweit sie noch Gegenstand der Berufung ist, allerdings nicht verjährt.
Das Begehren der Klägerin stützt sich auf Vorgänge, die sich in den Jahren 1996 bis 1998 abspielten, so dass das bis zum 31.12.2001 geltende Recht anzuwenden ist. Mögliche Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten ist mithin das Rechtsinstitut der sog. "culpa in contrahend...