Leitsatz (amtlich)
1. Nach Wegfall der Umstände, die die Einrede der Verjährung als rechtsmissbräulich erscheinen lassen, muss der Gläubiger seinen Anspruch innerhalb einer angemessenen Frist gerichtlich geltend machen; der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens führt nicht zu einer Hemmung der Verjährungsfrist.
2. Die Frage der Angemessenheit der Frist beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.07.2004; Aktenzeichen 2-12 O 23/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.7.2004 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. - Az.: 2-12 O 23/04 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung sowie die Feststellung künftiger Ersatzpflicht.
Hinsichtlich der in erster Instanz getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des am 6.7.2004 verkündeten landgerichtlichen Urteils (Bl. 105 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und einen Anspruch nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung bejaht. Nach Auffassung des LG ist auch mit der Beklagten ein entsprechender Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen worden; bei zusammenarbeitenden Rechtsanwälten bestehe die Vermutung, dass der Vertrag im Zweifel mit allen Partnern zustande komme. Eine dem entgegenstehende Vereinbarung habe die Beklagte nicht dargelegt. Die Beklagte habe die ihr aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag obliegenden Pflichten insoweit verletzt, als sie die Kläger über den Ablauf der Klagefrist falsch informiert habe. Ausweislich des EB's habe sie den Widerspruchsbescheid des ... Landesamtes am 24.7.1999 erhalten, so dass die Klagefrist am 24.8. und nicht am 26.8.1999 abgelaufen sei. Sie habe die Beweiskraft der Urkunde auch nicht widerlegt; ein Versehen beim Ausfüllen sei angesichts ihres widersprüchlichen Vortrags im Verwaltungsverfahren nicht glaubhaft. Dass das EB an ihren Ehemann adressiert gewesen sei, stehe dem Lauf der Klagefrist nicht entgegen, da dieser wegen der Aufgabe seiner Rechtsanwaltstätigkeit in O 1 zum 1.7.1999 nach § 53 BRAO verpflichtet gewesen sei, einen allgemeinen Vertreter zu bestellen. Das sei offensichtlich die Beklagte gewesen, so dass von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen sei. Die in dem Verwaltungsstreitverfahren entstandenen Kosten seien in dem geltend gemachten Umfang als kausaler Schaden anzuerkennen. Die Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden entfalle nicht dadurch, dass die von den Klägern beauftragten RAe A. pp den früheren Fristablauf hätten erkennen können, da die Kläger die Klage zunächst selbst erhoben und das Anwaltsbüro A. nur mit der Klagebegründung beauftragt hätten. Der Anspruch sei auch nicht verjährt, da die dreijährige Verjährungsfrist nach § 51b BRAO erst mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen beginne. Hier sei es jedoch gerade streitig gewesen, ob die Klagefrist versäumt worden sei, so dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verwaltungsstreitverfahrens offen gewesen sei, ob das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten zu einem Schaden geführt hat. Auch das Schreiben der RAe A. v. 3.8.2000 begründe keinen früheren Verjährungsbeginn, da mit diesem Schreiben gerade keine Ansprüche geltend gemacht worden seien, sondern lediglich darauf hingewiesen wurde, dass sich ein Haftungsfall für die Beklagte ergebe, sollte das VG die Klage als verfristet ansehen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, sie sei schon deshalb nicht passiv-legitimiert, weil das Schreiben v. 3.8.1999 nicht ihr zuzurechnen sei; sie habe lediglich in Vertretung für RA Dr. B. gehandelt. Das LG habe zudem fälschlicherweise angenommen, dass sie als allgemeine Vertreterin des RA Dr. B bestellt gewesen sei. Sie habe lediglich im Innenverhältnis die Bearbeitung der Restmandate übernommen; im Außenverhältnis habe es sich allein um die Angelegenheit des RA Dr. B. gehandelt. Im Übrigen sei ein möglicher Anspruch jedenfalls verjährt. Für den Fall der Versäumung einer Klagefrist entstehe der Anspruch bereits mit der Fristversäumung; bereits zu diesem Zeitpunkt sei der Schaden entstanden. Dies gelte auch dann, wenn der Schadenseintritt noch ungewiss sei. Ungeachtet dessen sei Verjährung aber zumindest nach § 51b Alt. 2 BRAO eingetreten, da das Mandat mit Zugang des Schreibens v. 3.8.1999 beendet worden sei.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 6.7.2004 verkündeten Urteils des LG Frankfurt/M. die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Demgegenüber verteidigen die Kläger die angefochtene Entscheidung. Sie sind...