Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverstoß durch Angebot von Rechtsdienstleistungen ohne Erlaubnis
Leitsatz (amtlich)
Wer ohne Erlaubnis Rechtsdienstleistungen anbietet, verstößt auch dann gegen §§ 2, 3 RDG sowie gegen § 4 Nr. 11 UWG, wenn er sich zur Erfüllung der versprochenen Leistung eines Rechtsanwalts bedient.
Normenkette
RDG § 2 Abs. 1, § 3; UWG §§ 3, 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 09.02.2010; Aktenzeichen 14 O 435/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9.2.2010 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an seinem jeweiligen Vorstand, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen anzubieten und/oder zu erbringen und/oder für diese zu werben oder werben zu lassen, ohne dass eine Erlaubnis nach dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen oder aufgrund eines anderen Gesetzes besteht, wenn dies geschieht für
1. das Dienstleistungsangebot "Interessengemeinschaft/Sammelklagen" wie wiedergegeben in Anlagenkonvolut K2;
und/oder
2. das Dienstleistungsangebot "Anwaltspfusch" wie wiedergegeben in Anlage K 3;
und/oder
3. das Dienstleistungsangebot "Anti-Abmahn-Service" wie wiedergegeben in Anlage K 4;
und/oder
4. das Dienstleistungsangebot "Anti-Knöllchen-Service" wie wiedergegeben in Anlage K 5;
und/oder
5. das Dienstleistungsangebot "Schluss mit dem Faxterror" wie wiedergegeben in Anlage K 6.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 90.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Klägerin ist das Selbstverwaltungsorgan der in den Landgerichtsbezirken O1, O2, O3, O4, O5 und O6 tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten. Der Beklagte ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben u.a. "die Beratung und Aufklärung von Verbrauchern und klein- und mittelständischer Firmen, die Wahrnehmung derer Rechte und Durchsetzung von Ansprüchen, der Abwehr von unberechtigten Ansprüchen und den Interessen der Verbraucher und Unternehmen zuwiderlaufender Handlungen und Maßnahmen sowie insbesondere auch die Wahrnehmung der Rechte von Randgruppen und sozial Schwachen" gehört.
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten auf ihrer Internetseite www..de unterbreiteten Dienstleistungsangebote "Interessengemeinschaften/Sammelklagen", "Anwalts-Pfusch", "Anti-Abmahn-Service", Anti-Knöllchen-Service" und "Schluss mit dem Faxterror" gemäß der Anlagen K 2 bis K 6. Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagte verstoße mit diesen Angeboten gegen die Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetz und damit gegen § 4 Nr. 11 UWG, da diese eine einzelfallbezogene juristische Beratung zum Gegenstand hätten. Diese biete die Beklagte auch als eigene Dienstleistungen an, wobei sich deren Entgeltlichkeit aus den erhobenen "Mitgliedsbeiträgen" ergebe. Die von dem Beklagten unter dem Datum des 12.10.2009 (Aktenkonvolut K 9) abgegebene Unterlassungserklärung hält die Klägerin für nicht ausreichend.
Der Beklagte begegnet diesen Vorwürfen mit dem Argument, ein Mandatsverhältnis komme nur zwischen dem sog. Vertrauensanwalt und seinem Mitglied zustande, während der Verein selbst lediglich die Vermittlung zwischen seinen Mitgliedern und qualifizierten Rechtsanwälten übernehme. Außerdem erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung und beruft sich auf den Grundsatz der Verwirkung. Die beanstandeten Angebote seien zum Teil seit Jahren - seit 2005 - auf ihrer Internetseite eingestellt. Außerdem habe sich der Präsident des Klägers im Jahre 2000 in die Datenbank des Beklagten eingetragen. Bei lebensnaher Betrachtung müsse davon ausgegangen werden, dass ihm das beanstandete Angebot bekannt gewesen sei.
Das LG hat die Klage abgewiesen und dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass lediglich die Vermittlung eines Kontakts zu Rechtsanwälten angeboten werde. Die in den Angeboten gemäß der Anlagen K 5 und K 6 würden zudem unentgeltlich erbracht.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Sie beantragt, das Urteil des LG Darmstadt vom 9.2.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an seinem jeweiligen Vorstand, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen anzubieten und/oder zu erbringen und/oder für diese zu werben oder werben zu lassen, ohne dass eine Erlaubnis nach dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen oder aufgrund eines anderen Gesetzes besteht, wenn dies geschieht für
1. das Dienstleistungsangebot "Interessengemeinschaft/Sammelklagen" wie wiedergegebe...