Leitsatz (amtlich)
Bauvertrag: Erstattungsanspruch für abgeführte Bauabzugssteuer
Normenkette
EStG § 48 Abs. 1, § 48a
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 31.10.2016; Aktenzeichen 2 O 96/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn, 2 O 96/16, vom 31.10.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Berufungsstreitwert wird auf 110.670,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Bauunternehmer, die Rückerstattung von geleisteten Zahlungen in Höhe einer an das zuständige Finanzamt abzuführenden Bauabzugssteuer, hilfsweise die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung durch den Beklagten, hilfsweise eine Zahlung des Beklagten an das Finanzamt in Höhe der abzuführenden Bauabzugssteuer oder die Freistellung der Klägerin gegenüber dem Finanzamt in Bezug auf die abzuführende Bauabzugssteuer.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 110.670,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht Limburg an der Lahn hat die Klage abgewiesen. Voraussetzung eines Rückerstattungsanspruchs bei einer irrtümlichen Überzahlung durch Zahlung des vollständigen Werklohnes an den Auftragnehmer sei, dass der Auftraggeber zusätzlich die Bauabzugssteuer an das Finanzamt abgeführt habe, was vorliegend nicht der Fall sei. Die bloße Möglichkeit einer Haftung nach § 48a Abs. 3 Satz 1 EStG sei für die Entstehung eines Rückerstattungsanspruches allein nicht ausreichend. Dies schon, da der Leistungsempfänger gegenüber dem Unternehmer gemäß § 48a Abs. 2 EStG über den Steuerabzug abrechnen müsse, damit der Unternehmer im Rahmen seiner Besteuerung die Anrechnung des Abzugsbetrags gemäß § 48c Abs. 1 EStG oder alternativ die Erstattung gemäß § 48c Abs. 2 durchführen könne.
Die Klägerin hat gegen das ihm am 02.11.2016 zugestellte Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn am 09.11.2016 Berufung eingelegt und diese am 02.02.2017 begründet.
Mit der Berufung wiederholt die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass ihr ein Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten in Höhe der an das Finanzamt abzuführenden Bauabzugssteuer auch dann zustehe, wenn sie selbst noch keine Zahlungen an das Finanzamt erbracht habe. Der Auftraggeber/Leistungsempfänger habe grundsätzlich die Pflicht, soweit keine Ausnahmetatbestände vorlägen, die Bauabzugssteuer dem Finanzamt gegenüber anzumelden und schließlich auch abzuführen. Um diese Steuerpflicht komme er nicht herum, weshalb es auch für den Rückerstattungsanspruch unerheblich sei, ob der Auftraggeber/Leistungsempfänger die Bauabzugssteuer bereits an das Finanzamt abgeführt habe. Dafür, dass es für den Rückerstattungsanspruch nicht auf eine vorherige Zahlung der Bauabzugssteuer an das Finanzamt ankomme, spreche auch die Vorschrift des § 48c Abs. 1 Satz 2 EStG, die regelt wie und auf was die Zahlung der Bauabzugssteuer bei den vom Auftragnehmer/Leistenden zu entrichtenden Steuern angerechnet wird. Spätestens mit Anwendung dieser Vorschrift werde deutlich, dass der Auftraggeber/Leistungsempfänger das Insolvenzrisiko auf Seiten des Auftragnehmers/Leistenden trage, soweit nicht auch ohne Zahlung der Bauabzugssteuer an das Finanzamt ein Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Auftraggeber/Leistenden angenommen werde. Dies sei nicht hinnehmbar. Auch sei ein Anspruch aus Bereicherungsrecht denkbar, da der ohne den Abzugsbetrag überzahlte Leistende/Auftragnehmer im Hinblick auf § 48 EStG einen Teil der Zahlung ohne Rechtsgrund erlangt habe. Schließlich verhalte sich der Beklagte treuwidrig, indem er den zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückhalte und trotz Aufforderung nicht an die Klägerin zurückerstatte, obwohl der Beklagte mangels Vorlage der Freistellungsbescheinigung genau wisse, dass die Klägerin zur unmittelbaren Zahlung an das Finanzamt verpflichtet sei.
Die Klägerin beantragt:
Der Beklagte wird in Abänderung des am 31.10.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Limburg (AZ 2 O 96/16) verurteilt,
1. an die Klägerin 110.670,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise
2. eine Freistellungsbescheinigung gemäß § 48b Absatz 1 Satz 1 EStG für den Zeitraum 22.06.2015 bis 03.12.2015 vorzulegen,
hilfsweise für den Fall, dass der Beklagte diese nicht vorl...