Leitsatz (amtlich)
Kein Rückgewährungsanspruch des Insolvenzverwalters nach §§ 134, 143 InsO im Falle unentgeltlicher Leistungen einer betrügerisch handelnden Anlagegesellschaft (hier: Auszahlung von Scheingewinnen) in Kenntnis der Nichtschuld, wenn und soweit ein Bereicherungsanspruch des Schuldners wegen § 814 BGB ausgeschlossen wäre (Anschluss an BGHZ 113, 98 zur Rechtslage bei der KO).
Normenkette
BGB § 814; InsO §§ 134, 143
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-31 O 285/06) |
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus Insolvenzanfechtung.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH ... (nachfolgend Schuldnerin), welche ab dem Jahre 1992 Kapitalanlegern ein besonderes Geschäftsmodell, den "B." (nachfolgend B), anbot. Im Zuge dieses Geschäftsmodells sollten die Anleger am Optionshandel beteiligt sein. Tatsächlich verwandte die Schuldnerin jedoch nicht sämtliche vereinnahmten Kundengelder zur Anlage in Termingeschäfte. Vielmehr spiegelte der zwischenzeitlich verstorbene Gründer der Schuldnerin ebenso wie deren späterer Geschäftsführer, der deswegen zwischenzeitlich strafrechtlich verurteilt worden ist, durch ein tatsächlich nicht existierendes Scheinkonto eine positive Wertentwicklung des B lediglich vor.
Am 9.6.200 1 trat der Beklagte dem B bei und leistete an die Schuldnerin eine Einzahlung i.H.v. 120.000 DM zzgl. eines Agio i.H.v. 3.600 DM.
Am 23.8.2003 kündigte der Beklagte seine Beteiligung i.H.v. 50.000 EUR. Diesen Betrag erhielt der Kläger von der Schuldnerin am 30.9.2003 überwiesen.
Am 29.7.2004 kündigte der Beklagte seine restliche Beteiligung. Er erhielt daraufhin von der Schuldnerin am 31.8.2004 eine Überweisung i.H.v. 29.608,09 EUR.
Am 1.6.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Mit Schreiben vom 10.2.2006 erklärte der Kläger ggü. dem Beklagten gem. § 134 InsO die Anfechtung in Höhe des die Einlage des Klägers (ohne Agio) überschießenden Betrags der Gesamtrückzahlung und forderte den Beklagten zur Zahlung von 18.253,06 EUR nebst vorgerichtliche Kosten i.H.v. 449,41 EUR auf.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er hat behauptet, dass dem Konto des Beklagten ebenso wie den Konten anderer Kunden der Schuldnerin bloße Scheingewinne gut geschrieben worden seien.
Das LG hat mit am 23.2.2007 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen.
Es hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass der Auszahlung an den Beklagten in Höhe der Klageforderung Scheingewinne der Schuldnerin zugrunde lagen, was zwischen den Parteien streitig ist. Es hat ausgeführt, dass ohne Insolvenzanfechtung einem Rückzahlungsanspruch der Schuldnerin § 814 BGB entgegenstünde (BGHZ 113, 98; WM 1991, 331). Auch ein insolvenzrechtlicher Anspruch nach § 134 InsO bestehe nicht. Zwar liege in der Auszahlung des streitgegenständlichen Betrages (Scheingewinne) eine grundsätzlich anfechtbare unentgeltliche Leistung der Schuldnerin. Jedoch sei aus Gründen der Wertungseinheit eine Anfechtbarkeit nicht gegeben. Werde nämlich mit dem Eintritt der Insolvenz die Auskehrung der Scheingewinne anfechtbar, so wirke der Eintritt der Insolvenz schuldbegründend. Diese Schuld allerdings sei auf ein Verhalten der Insolvenzschuldnerin zurückzuführen, das den Beklagten zum Schadensersatz berechtige. Mit der Insolvenz komme mithin "eine Verbindlichkeit zum Entstehen, deren Entstehen den Anspruch auf Beseitigung ihrer selbst begründe(t)".
Jedenfalls ergebe sich aus einem dennoch bestehenden Anfechtungsrecht kein Rückzahlungsanspruch des Klägers, da dieser und der Schadensersatzanspruch des Beklagten sich in einer fortbestehenden Aufrechnungslage nach § 94 InsO gegenüberstünden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, § 143 Abs. 2 InsO bestimme abschließend, unter welchen Voraussetzungen der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese zurückzugewähren habe, nämlich nur bei Bestehen des Bereicherungseinwandes. Dem stehe auch die Rechtsprechung des BGH zu §§ 32 Abs. 1, 37 Abs. 1 KO nicht entgegen, wonach dem Konkursverwalter für die Masse nicht mehr zustehe und er keine anderen Rechte beanspruchen könne als dem Gemeinschuldner zugestanden hätten. Der Gesetzgeber habe in § 143 Abs. 2 InsO die alleinige Einschränkung der Rückgewährpflicht in Kenntnis der Rechtsprechung des BGH zur Konkursordnung ohne Hinweis auf § 814 BGB normiert und damit zum Ausdruck gebracht, dass dieser Gesichtspunkt keine Beschränkung der Rückgewährpflicht begründen solle. Mithin könne ein auf §§ 134, 143 InsO gestützter Anspruch neben einem Bereicherungsanspruch stehen und werde nicht durch einen Ausschluss des Bereicherungsanspruchs nach § 814 BGB tangiert.
Jedenfalls aber könne über § 814 BGB nur die Einlagezahlung selbst in Anzug gebracht werden, was der Kläger bereits getan habe. Der Rückzahlungsanspruch sei wegen der Insolvenzanfechtung entstanden, während der Schadensersatzanspruch bereits vor der Anfech...