Leitsatz (amtlich)
1. Die gleichzeitige Vertretung mehrerer Nebenkläger durch denselben Rechtsbeistand ist grundsätzlich zulässig. In Fällen gleichgelagerter Interessen zahlreicher Nebenkläger kann es im Rahmen des gemäß §§ 397 a Abs. 3 Satz 2, 142 Abs. 1 StPO durch den Vorsitzenden auszuübenden Ermessens bei der Auswahl des Rechtsbeistands zulässig sein, die Bestellung jeweils eigener Rechtsbeistände für die Nebenkläger abzulehnen, wenn ein sachlicher Grund für die Bestellung personenverschiedener Rechtsbeistände nicht vorliegt und die Wahrnehmung der Interessen der Nebenkläger in dem Verfahren auch durch einen einzelnen Rechtsbeistand sachgerecht erfolgen kann (Gruppenvertretung).
2. Auch nach der Neufassung des § 142 Abs. 1 StPO gehört die Ortsnähe des Rechtsanwalts zu den durch den Vorsitzenden bei der Auswahl eines Pflichtverteidigers bzw. Rechtsbeistands zu berücksichtigenden Gesichtspunkten (Anschluss an OLG Köln, NStZ-RR 2011, 49).
3. Zur Wirksamkeit der Anschlusserklärung nach § 396 StPO sowie der Einlegung eines Rechtsmittels für einen minderjährigen Verletzten.
Verfahrensgang
Tenor
1. Die im Namen des Beschwerdeführers durch Rechtsanwalt R. eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer ... wird verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden Rechtsanwalt R. auferlegt.
Gründe
I. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat unter dem 19. Juli 2012 Anklage gegen K. und weitere Angeschuldigte erhoben, in der diesen u.a. ein gemeinschaftlicher Mord zum Nachteil des X. zur Last gelegt wird. Der zwölf Jahre alte Beschwerdeführer ist der Sohn des Getöteten. Mit Beschluss vom 22. August 2012 hat das Landgericht Hamburg, Große Strafkammer ..., die Anklage vom 19. Juli 2012 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Verfahren vor der Großen Strafkammer 1 - als Schwurgericht - eröffnet. Seit dem 27. September 2012 findet vor dem Landgericht Hamburg die Hauptverhandlung statt.
Zwischen dem 17. August 2012 und dem 16. November 2012 hat das Landgericht Hamburg sechs Brüder und Schwestern des Getöteten als Nebenkläger zugelassen und diesen jeweils auf Antrag Rechtsanwälte als Beistände bestellt. Zwei dieser Nebenkläger - M. und R. - werden gemeinsam durch Rechtsanwalt Z. als Beistand vertreten. Den übrigen Nebenklägern wurden jeweils eigene Rechtsanwälte beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 8. November 2012 hat sich die Rechtsanwältin B. für die im Kosovo wohnhafte und aufhältige Ehefrau des Getöteten und Mutter des Beschwerdeführers - Frau V. - unter Vorlage einer am 8. November 2012 auf sie ausgestellten deutschsprachigen Vollmacht zur Akte legitimiert und für die Ehefrau des Getöteten den Anschluss als Nebenklägerin erklärt. Zugleich hat sie beantragt, diese als Nebenklägerin zuzulassen und ihr Rechtsanwältin B. als Beistand zu bestellen. Mit Beschlüssen vom 9. bzw. 13. November 2012 hat das Landgericht Hamburg hierauf Frau V. als Nebenklägerin zugelassen und ihr Rechtsanwältin B. als Beistand bestellt.
Mit Schriftsatz vom 29. November 2012 hat sich Rechtsanwalt R. unter Vorlage einer durch die Mutter des Beschwerdeführers am 29. November 2012 in I./Kosovo unterschriebene und aus dem Kosovo per Telefax übersandte deutschsprachige Strafprozessvollmacht "in der Strafsache L. wegen... Ks .../12" zur Akte legitimiert. Zugleich hat er mit diesem Schriftsatz angezeigt, dass der Sohn des Getöteten durch ihn vertreten wird. Weiter heißt es in dem Schriftsatz: "L. schließt sich dem Strafverfahren als Nebenkläger an. Ich beantrage, die Nebenklage zuzulassen, dem Nebenkläger einen Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen und den Unterzeichneten als Beistand beizuordnen...".
Mit Beschluss vom 3. Dezember 2012 hat die mit drei Richtern besetzte Große Strafkammer ... des Landgerichts Hamburg L. als Nebenkläger zugelassen und zugleich den Antrag, ihm Rechtsanwalt R. als Beistand zu bestellen, abgelehnt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit einem von Rechtsanwalt R. unterzeichneten Schriftsatz unter dem 5. Dezember 2012 eingelegte Beschwerde, in der es heißt: "In dem Strafverfahren ... Ks .../12 gegen K. u.a. legt der Antragsteller und Nebenkläger L. gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 03.12.2012, mit dem die Beiordnung des Unterzeichners als Nebenklagevertreter gem. § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO abgelehnt worden ist, Beschwerde ein."
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat angetragen, den Beschluss des Landgerichts Hamburg aufzuheben und dem Nebenkläger Rechtsanwalt R. als Beistand zu bestellen.
II. Die Beschwerde ist bereits unzulässig. Ihr wäre aber auch in der Sache der Erfolg zu versagen, da das Landgericht im Ergebnis zu Recht eine Bestellung des Rechtsanwalts R. abgelehnt hat.
1. Allerdings ist die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft. Ihrer Statthaftigkeit steht insbesondere nicht § 305 Satz 1 StPO entgegen, weil die Ablehnung eines Antrags auf Bestellung eines Beistands gemäß § 397 Abs. 1 StPO selbständige Bedeutung entfaltet, ...