Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 05.10.1989; Aktenzeichen 3 O 219/88) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 08.11.1989 wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Kostenentscheidung des am 5. Oktober 1989 verkündeten Teilanerkenntnis- und Schlußurteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerin veranlaßten Kosten, die diese allein trägt, fallen der Klägerin zu 1/5 und dem Beklagten zu 4/5 zur Last.
Gründe
Die gemäß §§ 99 Abs. 2 S. 1, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache überwiegenden Erfolg, weil das Landgericht zu Unrecht die Voraussetzungen des § 93 ZPO zugunsten des Beklagten bejaht hat.
Es kann hier dahinstehen, ob ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten im Sinne des § 93 ZPO bereits deshalb nicht festgestellt werden kann, weil grundsätzlich zum Anerkenntnis die Erfüllung der fälligen Forderung hinzutreten muß (so zutreffend Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, 47. Aufl. 1989, § 93 Anm. 2) B m.w.N.) und der im Termin vom 05.10.1989 die der Höhe nach unstreitige Forderung der Klägerin von noch 15.446,89 DM anerkennende Beklagte deren Zahlung nicht dargelegt hat.
Jedenfalls scheidet die Anwendung des § 93 ZPO zugunsten des Beklagten deshalb aus, weil er durch sein Verhalten vor dem Prozeß zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat. Dies folgt daraus, daß der Beklagte seit der am 02.10.1987 erfolgreich abgeschlossenen Sanierung der mangelhaften Erker-Terrassenabdichtung zur Abnahme der Werkleistung der Klägerin verpflichtet war und er zu Unrecht sowohl seine Mitwirkung bei der Abnahme als auch vorprozessual Zahlung der zum weitaus überwiegenden Teil berechtigten Restforderung der Klägerin aus ihrer Schlußrechnung vom 09.03.1987 wiederholt abgelehnt hatte.
Die Fälligkeit der zwischen November 1987 und Januar 1988 rechtshängig gewordenen Restforderungen der Klägerin aus deren Schlußrechnung vom 09.03.1987 hing allein davon ab, ob bei dem vorliegenden VOB-Bauvertrag der Beklagte nach § 12 Nr. 3 VOB/B die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistungen verweigern durfte, weil sie wesentliche Mängel aufwiesen, wovon der Sachverständige Dipl.-Ing. … in seinem Gutachten vom 26.07.1989 zu Punkt 1.10 (abgerutschte Dachziegel) ausgegangen ist. Darin vermag ihm der Senat nicht zu folgen.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen waren aus dem Dach im Bereich der Fensterbrustanschlüsse einige beigeschnittene Biberschwanzziegel herausgerutscht, weil die gekürzten Ziegel offensichtlich nur geklebt worden waren und der verwandte Kleber für die Befestigung nicht ausgereicht hatte. Dabei handelte es sich, wie die von dem Sachverständigen gefertigten Fotos Nr. 7 und 8) in den Akten zeigen, insgesamt um zwei teilweise und zwei weitere vollständig aus der Ziegeldeckung herausgerutschte Dachziegel, die ordnungsmäßig neu verlegt und befestigt werden mußten. Der Sachverständige hat ausschließlich wegen der ungenügenden Befestigungen dieser Dachziegel vor den Fensteranschlüssen der Dachfenster die Abnahmereife der Werkleistung der Klägerin verneint. Nach den im übrigen zwischen den Parteien unstreitigen Feststellungen des Sachverständigen, wegen deren Einzelheiten auf das Gutachten vom 26.07.1989 verwiesen wird, waren darüber hinaus einige Klein- und optische Mängel wie ein schief angebrachtes Regenrohr sowie nachzubessernde Mauer- und Wandanschlüsse vorhanden. Dagegen war ein Feuchteschaden im und am Erkerzimmer nach Ansicht des Gutachters wahrscheinlich nicht auf Ausführungsmängel der Klägerin zurückzuführen. Die von dem Sachverständigen dargelegten Mängel vermögen weder wegen des von ihm als gravierend hervorgehobenen, in der ungenügenden Ziegelbefestigung liegenden Mangels noch in ihrer Gesamtheit die Abnahmereife der Werkleistung der Klägerin in Frage zu stellen und berechtigten den Beklagten nicht zur Abnahmeverweigerung. Dies hat das Landgericht – dem Sachverständigen folgend – verkannt.
Für die Wesentlichkeit eines Mangels im Sinne des § 12 Nr. 3 VOB/B kommt es unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles entscheidend auf die Art, den Umfang und vor allem die Auswirkung des Mangels im Hinblick auf die Gebrauchstauglichkeit des Werkes im Rahmen seiner Zweckbestimmung an (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 11. Aufl. 1989, B, § 12, 3 Rdn. 83; Werner/Pastor, Bauprozeß, 6. Aufl. 1990, Rdn. 1205, jeweils m.w.N.), wobei letztlich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgehoben wird (BGH NJW 1981, 1448, 1449). Die fehlerhafte Befestigung der durch die Fotos belegten vier ganz bzw. teilweise abgerutschten Dachziegel beeinträchtigte die Gebrauchstauglichkeit des gesamten Daches nur in sehr geringem Umfange. Eine Dachundichtigkeit mit Feuchtigkeitsschäden war weder eingetreten noch ernsthafte zu befürchten. Der Umstand, daß die Arbeiten der Klägerin bereits seit Anfang März 1987 abgeschlossen waren, sieh aber bis zur Untersuchung der Dacheindeck...