Leitsatz (amtlich)
1. Hat das LG einen Vorbescheid, durch den die Erteilung eines unbeschränkten Erbscheins als Alleinerbe angekündigt worden ist, mit der Begründung aufgehoben, es sei Nacherbfolge angeordnet, so unterliegt seine Entscheidung im Verfahren der weiteren Beschwerde nur der Nachprüfung, ob die Nacherbfolge angeordnet ist, nicht jedoch auch in der Hinsicht, ob der Vorerbe von den Beschränkungen der Nacherbfolge befreit ist.
2. Die Formulierung in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament, dass das den wesentlichen Teil des Nachlasses des Erstverstorbenen ausmachende Hausgrundstück nicht verkauft werden darf und von einem der gemeinschaftlichen Kinder übernommen werden soll, kann eine Auslegung im Sinne der Trennungslösung rechtfertigen.
Normenkette
BGB §§ 2084, 2100, 2269, 2353; FGG § 27
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 22.09.1994; Aktenzeichen 7 T 285/94) |
AG Recklinghausen (Aktenzeichen 9 VI 841/93) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat, die den Beteiligten zu 2) und 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 23.314,91 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist der überlebende Ehegatte der Erblasserin, die Beteiligten zu 2) und 3) sind die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder.
Die Ehegatten errichteten am 17.8.1968 ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit folgendem Wortlaut:
„Als unsere Erben setzen wird ein:
a) den überlebenden Ehegatten
b) unsere Tochter A. und unseren Sohn E. und zwar:
den überlebenden Ehegatten als Vollerben, die Kinder als Nacherben je zur Hälfte.
Die Nacherbschaft soll eintreten bei dem Tode des 2. Ehegatten. Für die Ausbildung und für die Aussteuer der Kinder ist zu sorgen.”
Im Jahre 1971 erwarb die Erblasserin im Wege der Erbfolge nach ihrer Schwester das mit einem im Jahre 1955 errichteten Wohnhaus bebaute Grundstück, das nachfolgend von den Ehegatten bewohnt wurde. Der Beteiligte zu 1) hat in den folgenden Jahren seinen Angaben zufolge auf dem Grundstück lastende restliche Darlehnsvaluta i.H.v. ca. 30.000 DM abgetragen sowie Umbauten mit einem finanziellen Aufwand von rund 200.000 DM durchgeführt.
Am 17.2.1993 errichteten die Ehegatten ein weiteres gemeinschaftliches privatschriftliches Testament folgenden Inhalts:
„Als unsere Erben setzen wird ein:
a) den überlebenden Ehegatten
b) unsere Tochter A. und unseren Sohn E. je zur Hälfte, und zwar: den überlebenden Ehegatten als Vollerben, die Kinder als Nacherben.
Die Nacherbschaft soll eintreten bei dem Tode des 2. Ehegatten.
Wer den Pflichtteil nach dem Tode des Erstversterbenden verlangt, erhält auch nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten nur den Pflichtteil.
Unser Haus darf nicht verkauft werden.
Es soll von einem Kind übernommen werden, das verpflichtet ist, den anderen Erben entspr. auszuzahlen.”
Der Beteiligte zu 1) hat nach dem Tode der Erblasserin und Eröffnung der genannten letztwilligen Verfügungen zur Niederschrift der Rechtspflegerin des AG vom 16.12.1993 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als Alleinerben ohne Berücksichtigung einer Nacherbfolge ausweisen soll. Eine Vor- und Nacherbfolge im Rechtssinne sei nicht gewollt worden; der Begriff der Nacherbschaft sei in Unkenntnis der rechtlichen Bedeutung des Begriffs gewählt worden.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, ihrer Auffassung nach sei der Beteiligte zu 1) lediglich als nicht befreiter Vorerbe berufen.
Das AG hat durch Beschluss vom 25.2.1994 einen Vorbescheid erlassen, in dem es die Erteilung eines dem Antrag des Beteiligten zu 1) entsprechenden Erbscheins angekündigt hat.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 17.3.1994 Beschwerde eingelegt, der der Beteiligte 1) entgegengetreten ist. Das LG hat durch Beschluss vom 22.9.1994 die Entscheidung des AG aufgehoben und dieses angewiesen, die Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu bescheiden. In den Gründen seiner Entscheidung hat das LG näher ausgeführt, die Auslegung des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments vom 17.2.1993 führe zu dem Ergebnis, dass der Beteiligte zu 1) lediglich als Vorerbe und die Kinder als Nacherben der erstverstorbenen Ehefrau eingesetzt seien.
Der Beteiligte zu 1) hat in der Folgezeit mit Schreiben vom 5.1.1995 zunächst die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als befreiten Vorerben ausweisen soll. Auf einen ihm von dem AG erteilten Hinweis hat er seinen Antrag am 8.3.1995 dahin geändert, dass der Erbschein eine Nacherbfolge ohne Berücksichtigung einer Befreiung des Vorerben ausweisen solle. Einen entsprechenden Erbschein hat ihm das AG am 28.3.1995 erteilt.
Der Beteiligte zu 1) hat in der Folgezeit wieder geheiratet; er wohnt nunmehr im Hause seiner zweiten Ehefrau. Er hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 13.5.2002 bei dem AG gegen den Beschluss des LG vom 22.9.1994 weitere Beschwerde ...