Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 14.06.2016; Aktenzeichen 51 KLs 47/15 BEW)

 

Tenor

  1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 14. Juni 2016 verhängte die XVI. große Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Essen gegen die Verurteilte wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen eine Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit Bewährungsbeschluss vom selben Tag legte die Jugendkammer die Bewährungszeit auf vier Jahre fest und unterstellte die Verurteilte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers. Zudem gab sie der Verurteilten unter Ziffer 4. des Bewährungsbeschlusses auf, "[...]100 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung ihres Bewährungshelfers abzuleisten". Das Urteil ist seit dem 23. August 2016 rechtskräftig. Die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten datieren vom 31. März 2014.

Der Verurteilten wurde mit weiterem Beschluss der Jugendkammer vom 23. September 2016 namentlich der Bewährungshelfer S bestellt. Dieser berichtete erstmals unter dem 03. November 2016 von einem gänzlich beanstandungsfreien Bewährungsverlauf. Ab dem 03. April 2017 war die Verurteilte für den Bewährungshelfer nicht erreichbar, da sie unabgesprochen einen geplanten Aufenthalt in B verlängert hatte. Mit Schreiben vom 24. Mai 2017 forderte die Kammer die Verurteilte auf, den Kontakt zum Bewährungshelfer unverzüglich wieder aufzunehmen. Dieser Aufforderung kam die Verurteilte nach, nahm die ihr vom Bewährungshelfer vorgegebenen Gesprächstermine jedoch weiterhin nicht immer zuverlässig wahr. Bis zum 24.08.2017 gelang es dem Bewährungshelfer zudem nicht, der Verurteilten eine geeignete Stelle zur Ableistung der Sozialstunden zuzuweisen. Unter dem 27. Oktober 2017 teilte dieser mit, die Verurteilte könne die soziale Arbeit in dem Freizeitzentrum "M" in H erbringen. Mit Beschluss vom 06. November 2017 wies die Kammer ihr diese Arbeitsstelle zu. Ferner konkretisierte sie die Arbeitsauflage dahingehend, dass die Verurteilte beginnend mit der 49. Kalenderwoche 2017 wöchentlich mindestens 10 Stunden zu leisten habe. Unter dem 11. Dezember 2017 bat die Verurteilte um die Zuweisung einer anderen, von ihr selbst vorgeschlagenen Arbeitsstelle. Dies begründete sie damit, dass ihr Ansprechpartner in der ihr zugewiesenen Einrichtung schlecht erreichbar sei. Dieses Ansinnen lehnte die Kammer unter dem 15. Dezember 2017 ab. Bis zum 16. Februar 2018 erbrachte die Verurteilte lediglich fünf Arbeitsstunden verteilt auf zwei Tage. Am 23. Februar 2018 beantragte die Staatsanwaltschaft, die der Verurteilten gewährte Bewährung zu widerrufen. Daraufhin hörte die Jugendkammer die Verurteilte unter dem 16. März 2018 persönlich an. Mit Beschluss vom selben Tage wies sie den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft zurück. Zugleich verkürzte sie die Bewährungszeit auf drei Jahre und die Dauer der Unterstellung der Verurteilten unter die Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers auf zwei Jahre. Im Gegenzug erhöhte sie die Zahl der von der Verurteilten im "M" zu erbringenden Arbeitsstunden auf 150. Zur Ableistung der Arbeit unter Anrechnung der bereits erbrachten 4,5 Stunden setzte sie der Verurteilten eine Frist bis zum 31. Juli 2018. Bis zum 30. Mai 2018 arbeitete die Verurteilte - unter Berücksichtigung der Anrechnung - 50 Stunden. Danach reichte sie zunächst keine weiteren Arbeitsnachweise mehr ein. Bis zum 15. August 2018 erledigte sie dann in der Summe 107,5 Stunden.

Unter dem 01. August 2018 erhob die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen die Verurteilte Anklage zum Amtsgericht - Strafrichter - Minden wegen des Vorwurfs einer gefährlichen Körperverletzung am 00. November 2017 in Q. In der Sache wurde ihr zur Last gelegt, gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Schwester auf einer Feier eine andere Frau geschlagen, an den Haaren gezogen, gekratzt und getreten zu haben.

Bis zum 28. August 2018 hatte die Verurteilte insgesamt 122,5 Arbeitsstunden erbracht. Die Kammer beraumte daraufhin einen weiteren Anhörungstermin auf den 07. Dezember 2018 an. Dieser wurde aufgehoben, nachdem die Verurteilte bis zum 14. November 2018 alle 150 Stunden erbracht hatte.

In dem gegen die Verurteilte bei dem Amtsgericht Minden anhängigen Verfahren stellte die Strafrichterin das Strafverfahren am 06.06.2019 vorläufig gemäß § 153a Abs. 2 StPO ein. Zugleich erließ sie ein Anerkenntnis-Adhäsionsurteil gegen die Verurteilte, die einen Schmerzensgeldanspruch i.H.v. 2500 € nebst Zinsen gegen sich anerkannt hatte. Die Einstellung des Strafverfahrens erfolgte gegen die Auflage, auf das Anerkenntnisurteil zu zahlen und keinen Kontakt zur Geschädigten aufzunehmen.

Unter dem 07. August 2019 wies die Jugendkammer die Verurteilte darauf hin, dass sie bis zur endgültigen Einstellung des in N gegen sie anhängigen Strafverfahrens mit einem Widerruf der ihr gewährten Bewährung...

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