Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 04.02.2011; Aktenzeichen 12 KLs 3/09)

 

Tenor

I.

Der Haftbefehl des Landgerichts Münster vom 4. Februar 2011 (Az.: 12 KLs - 6 Js 413/97 - 3/08) wird unter folgenden Auflagen außer Vollzug gesetzt:

1.

Der Angeklagte hat eine Sicherheit in Höhe von 1 Million Euro zu leisten.

Die Sicherheit kann durch Bankbürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse gestellt werden, in der sich das Kreditinstitut gegenüber dem

Justizfiskus ohne Weiteres zur Zahlung der Bürgschaftssumme verpflichtet, wenn die Haftverschonung nach § 116 Abs. 4 StPO aufgehoben wird.

2.

Dem Angeklagten wird aufgegeben, seinen derzeitigen Wohnsitz nicht ohne Erlaubnis zu verlegen.

3.

Der Angeklagte hat seinen Personalausweis und seinen Pass, falls er einen solchen besitzt, zu den Strafakten abzuliefern.

II.

Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Landgerichts Münster vom 04.02.2011 - 12 KLs - 6 Js 413/97 - 3/08 - in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt N. Er ist in obiger Strafsache am 4. Februar 2011 wegen Betruges in einem Fall und gemeinschaftlichen Kreditbetruges in 10 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat er zwischenzeitlich Revision eingelegt. Zugleich mit der Verurteilung des Angeklagten hat die Kammer mit Beschluss vom selben Tag gegen ihn den o.a. Haftbefehl erlassen. Der Angeklagte ist am 4. Februar 2011 festgenommen und der Justizvollzugsanstalt N zwecks Vollzugs der Untersuchungshaft zugeführt worden. Gegen den Haftbefehl hat sein Pflichtverteidiger Rechtsanwalt X2 noch im Hauptverhandlungstermin Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das Landgericht Münster mit Beschluss vom 04.02.2011 nicht abgeholfen. Nach Beschwerdebegründung durch die Verteidiger Prof. Dr. X und X2 vom 11. Februar 2011 hat die Kammer ausweislich eines Vermerks vom 14. Februar 2011 erneut eine Abhilfe abgelehnt.

Zuvor war der Angeklagte in dieser Sache am 30. November 1998 aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Bielefeld festgenommen worden. Dieser war im Juli 1999 gegen Auflagen (u.a. eine Kaution in Höhe von 4 Millionen DM) außer Vollzug gesetzt worden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld wurde er am 03.01.2007 aufgehoben. Nachdem das Landgericht Münster den Angeklagten am 29. März 2007 wegen gemeinschaftlichen Kreditbetruges in 10 Fällen und gemeinschaftlichen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt hatte, war durch die Staatsanwaltschaft ein neuer Haftbefehl beantragt, dessen Erlass die Strafkammer jedoch abgelehnt hatte. Die dagegen eingelegte Beschwerde hatte der Senat am 8. Mai 2007 - 4 Ws 201, 202/07 - als unbegründet verworfen. Das vorgenannte Urteil des Landgerichts Münster hat der Bundesgerichtshof sodann am 22. Januar 2008 - 4 StR 507/07 - auf die Revision des Angeklagten mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.

II.

Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthafte Beschwerde ist zulässig und - soweit sie sich gegen den Erlass des Haftbefehls wendet - auch unbegründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass eines neuen Haftbefehls sind gegeben. Der Angeklagte ist dringend verdächtig, die ihm im Haftbefehl vorgeworfenen Straftaten begangen zu haben. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im Haftbefehl verwiesen werden. Diese werden mit der Beschwerdebegründung auch nicht in Zweifel gezogen.

Es besteht auch der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Bei Würdigung aller Umstände ist es wahrscheinlicher, dass sich der Angeklagte dem weiteren Strafverfahren, vor allem der Strafverbüßung, entziehen wird, als dass er sich ihnen zur Verfügung halten wird. Der Zweck der Untersuchungshaft dient vorliegend vor allem der Sicherstellung der späteren Strafvollstreckung. Dies ist zulässig (vgl. BVerfG, StV 1996, 156).

Aufgrund der verhängten hohen Freiheitsstrafe besteht ein erheblicher Fluchtanreiz. Aufgrund des Hinweises im ersten Revisionsurteil, dass der damaligen Schuldspruch und der (maßvolle) Rechtsfolgenausspruch Rechtsfehler zu seinem Nachteil nicht aufweisen, wird der Angeklagte damit zu rechnen haben, dass er diese Strafe auch zu verbüßen haben wird. Allerdings kann allein auf diesen Umstand der Neuerlass des Haftbefehls nicht gestützt werden. Insoweit verweist der Senat auf seine Entscheidung vom 8. Mai 2007 - 4 Ws 201, 202/07 -. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, die für die Fluchtgefahr sprechen, und nach der Aufhebung des alten Haftbefehls entstanden sind.

Diese ergeben sich aus dem Prozessverhalten des Angeklagten während der erneuten Hauptverhandlung. Hier hat er mit allen Mitteln versucht, das Strafverfahren durch rechtsmissbräuchliche Nutzung der ihm gewährten strafprozessualen Rechte zu verzögern bzw. dess...

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