Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Aussonderungsrecht des Kommittenten am Erlös aus Kommissionsgeschäft
Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 12.03.2003; Aktenzeichen 2 O 395/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.3.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hagen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A. Der Kläger gab bei der Schuldnerin seinen Mercedes SLK zum Verkauf in Kommission. Diese verkaufte ihn an eine Frau B. und erzielte hieraus einen Erlös von entweder 33.500 Euro (so die Behauptung des Klägers) oder 30.500 Euro (so die Behauptung der Beklagten). Als die Zahlung für den Pkw bei der Schuldnerin einging, waren deren Geschäftskonten im Soll. Die Geschäftsbank hat gegen die Schuldnerin Forderungen i.H.v. 5,8 Mio. Euro.
Erst nach Einzug des Kaufpreises wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt. Der Kläger begehrt von ihr die Auskehrung des Kaufpreises abzgl. einer Kommissionsprovision von 10 %. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger insoweit – wie er meint – ein Aussonderungsrecht aufgrund einer analogen Anwendung des § 392 Abs. 2 HGB zusteht oder ob er – wie die Beklagte meint – nur normaler Insolvenzgläubiger ist.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die analoge Anwendung des § 392 Abs. 2 HGB sei nicht möglich. Damit habe der Kläger kein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Antrag aus erster Instanz weiterverfolgt. Die Beklagte begehrt Zurückweisung der Berufung.
B. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I. Der Kläger hat kein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO an einem Betrag in Höhe des vereinnahmten Kaufpreises für das in Kommission gegebene Fahrzeug. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass eine analoge Anwendung von § 392 Abs. 2 HGB, die als einzige Möglichkeit ein Aussonderungsrecht begründen könnte, auf den vom Verkaufskommissionär eingezogenen Erlös aus dem Verkauf des Kommissionsgutes entgegen den vom LG zutreffend zitierten Stimmen in der Lit. nicht in Betracht kommt.
1. Zwar liegt insofern eine Lücke im Gesetz vor, als weder positiv noch negativ geregelt ist, ob auch nach Einzug der Forderung an dem erlangten Erlös ein Aussonderungsrecht besteht. Ausdrücklich regelt § 392 Abs. 2 HGB nur, wann der Kommittentenschutz beginnt, nicht, wann er endet (K. Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., S. 903).
2. Diese Regelungslücke ist jedoch nicht planwidrig.
a) Es handelt sich bei § 392 Abs. 2 HGB um eine Ausnahmevorschrift, so dass das Schweigen des Gesetzes zu der Frage, ob dieselbe Rechtsfolge auch in anderen Fällen anzuwenden ist, nicht bereits von sich aus darauf hinweist, dass es sich hierbei um eine ungewollte Nichtregelung handelt.
b) Der Senat schließt aus, dass der historische Gesetzgeber die in jedem Normalfall der Begründung der Forderung folgende Einziehung durch den Verkaufskommissionär und das in diesem Fall ebenfalls bestehende Schutzbedürfnis des Kommittenten übersehen und die Regelung dieses Falles vergessen haben könnte.
c) Auch ein möglicherweise im Laufe der Zeit gewandeltes dogmatisches Verständnis zu Surrogationsmöglichkeiten (vgl. Canaris, Handelsrecht, 23. Aufl., S. 557) kann nicht dazu führen, die Lücke im Gesetz heute als planwidrig anzusehen. Denn der Gesetzgeber hat erst 1998 die §§ 422 Abs. 2, 457 S. 2 HGB neu geschaffen. Er hat dabei die dort eingeführten Rechte des Dritten an durch Einziehung Erlangtem als Fortführung des in § 392 Abs. 2 HGB enthaltenen Rechtsgedankens bezeichnet (vgl. Canaris, Handelsrecht, 23. Aufl., S. 557). Wenn er in diesem Zusammenhang – trotz der zu dieser Zeit in der Lit. bereits lange widersprüchlich diskutierten Möglichkeit der analogen Anwendung von § 392 Abs. 2 HGB auf den Erlös (vgl. z.B. die Nachweise bei Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 392 Rz. 7 und Ganter in MünchKomm/InsO, § 47 Rz. 289) – § 392 Abs. 2 HGB gerade nicht entspr. ändert, kann das nur als bewusste Entscheidung gegen eine Erstreckung in diesen Fällen auf den Erlös aufgefasst werden (ebenso Krüger in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 392 Rz. 7).
d) Denn es gibt keinerlei Hinweise auf ein diesbezügliches Versehen des Gesetzgebers während des Gesetzgebungsverfahrens. Es gibt nämlich auch sachliche Gründe für eine weiterhin erfolgende Differenzierung. Bei § 422 HGB gibt es vor Erlangung des Nachnahmebetrages zuvor gar keine Forderung des Frachtführers, es geht damit nicht um eine Surrogation. Vielmehr wird hier der Absender im frühestmöglichen Zeitpunkt – ähnlich wie bei ...