Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluss, mit dem die Gesellschafterversammlung einer GmbH eine Vergütung ihres Geschäftsführers einführt oder erhöht, kann unter den Gesichtspunkten der Gleichbehandlung und der Treuepflicht auch gerichtlich überprüft werden.
Den Gesellschaftern steht allerdings ein weiter Ermessensspielraum zu.
2. Zur Prüfung der Frage, ob der Ermessensspielraum überschritten wurde, kann auf Studien über Geschäftsführergehälter in vergleichbaren Unternehmen (z.B. BBE-Studie) zurückgegriffen werden. Als Maßstab kann auch die Grenze herangezogen werden, die die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage entwickelt hat, ab wann eine Vergütung als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln ist. Dabei ist der Ermessensspielraum der Gesellschafterversammlung im Regelfall nicht überschritten, wenn nach den Maßstäben der finanzgerichtlichen Rechtsprechung noch keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
3. Zur Frage, welche Abzüge von der ermittelten Vergleichsvergütung vollschichtig tätiger Geschäftsführer vorgenommen werden müssen, um eine angemessene Bewertung der Vergütung eines nicht vollschichtig tätigen Geschäftsführers zu erreichen.
Normenkette
BGB § 242; GmbHG § 47
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 12 O 38/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das am 22.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten mit ihren wechselseitigen Berufungen wie schon in erster Instanz über die Anfechtung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 24.02.2014, durch den mit der Stimme des Gesellschafters Dr. I2 die Genehmigung der Geschäftsführeranstellungsverträge desselben und des weiteren Fremd-Geschäftsführers I3 beschlossen worden ist.
Die Beklagte ist die Komplementärin der B GmbH & Co. KG mit Sitz in M. Bei dieser handelt es sich um eine Besitzgesellschaft, die über diverse Immobilien und Maschinen verfügt, die an Dritte vermietet sind, insbesondere die I GmbH & Co. KG, die Frühstückscerealien produziert und vertreibt. Geschäftsführer dieser Gesellschaft war Herr I3, der hierfür ein Jahresgehalt i.H.v. 150.000,00 EUR brutto erhielt. Zudem ist die Beklagte Alleingesellschafterin und "président" der F2, einer in Frankreich ansässigen Kapitalgesellschaft, die ihrerseits eine 100 %-ige Tochtergesellschaft namens J hat (französischer Handelsregisterauszug Anl. B 1).
Der Kläger ist Gesellschafter der Beklagten mit einem nominellen Geschäftsanteil von 10.225,84 EUR (40 %); weiterer Gesellschafter ist der Bruder des Klägers, Herr Dr. I2, mit einem Gesellschaftsanteil von nominell 15.338,76 EUR (60 %). Gem. § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 12.01.1989 (Anl. B 3) ist Gegenstand der Beklagten die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung von Unternehmen, die sich mit der Verwaltung von Grundstücken, Gebäuden und maschinellen Anlagen jeglicher Art befassen. Ferner kann die Gesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Unternehmen mit gleichem oder ähnlichem Unternehmenszweck erwerben, errichten oder sich an solchen beteiligen. Sie ist gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 des Gesellschaftsvertrages zu allen Geschäften berechtigt, die den Gegenstand des Unternehmens zu fördern geeignet sind. § 7 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten regelt die Umstände und Voraussetzungen der Geschäftsführung näher: Nach § 7 Ziff. 5. bedürfen die Geschäftsführer zu allen Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Gewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung; nach § 7 Ziff. 6. ist bei Geschäftsvorfällen, die über den normalen Geschäftsverkehr hinausgehen, die vorherige gemeinsame Beschlussfassung einer Versammlung der Geschäftsführer und der Gesellschafter herbeizuführen, wobei der Beirat beratend mitwirken muss. § 7 Ziff. 8 enthält Regelungen zur Erhöhung von Geschäftsführervergütungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Anl. B 3 verwiesen.
Geschäftsführer der Beklagten waren ehemals der Kläger und dessen Bruder Dr. I2; seit dem 06.07.1990 weiterhin Herr Dr. I2 und seit dem 08.11.2010 dessen Sohn I3. Vom Zeitpunkt der jeweiligen Bestellung zum Geschäftsführer bis Februar 2014 wurden keine Geschäftsführeranstellungsverträge geschlossen; eine Vergütung für ihre Geschäftsführertätigkeit erhielten die Geschäftsführer nicht. Die B GmbH & Co. KG zahlt an die Beklagte zum Ausgleich für die Geschäftsführertätigkeit monatlich 8.500,00 EUR. Zudem zahlt auch die F2 monatlich 8.500,00 EUR an die Beklagte für ihre Tätigkeit.
Aufgrund einer Einladung zur außero...