Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 18.08.1981; Aktenzeichen 22 O 193/81) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. August 1981 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert.
Der Beklagte bleibt verurteilt, an die Klägerin 4.549,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 22. August 1980 zu zahlen.
Im übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer beträgt für beide Parteien je 4.549,– DM.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und teilweise begründet.
Das Landgericht hat zwar zutreffend und mit überzeugender Begründung einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gem. § 82 KO bejaht, weil der Beklagte als Konkursverwalter über das Vermögen der Firma … in … das Schlußverzeichnis unrichtig erstellt hat. Nach Auffassung des Senats trifft die Klägerin jedoch ein hälftiges Mitverschulden gem. § 254 BGB, weil sie es unterlassen hat, das Schlußverzeichnis zu prüfen und Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis zu erheben.
Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Schlußverzeichnisses ist der Konkursverwalter verantwortlich (§ 151 KO). Die Nichtberücksichtigung bevorrechtigter Forderungen der Klägerin in Höhe von 9.098,– DM beruht auf einem Verschulden des Beklagten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte den Berichtigungsvermerk in der Konkurstabelle (Bl. 5 GA) übersehen hat oder das Blatt mit dem Berichtigungsvermerk fehlte oder die gesamte Tabelle in Verlust geraten und – insoweit unrichtig – neu erstellt war. Der Konkursverwalter ist zur Vermeidung eines Verschuldensvorwurfs gehalten, den Inhalt der Konkurstabelle mit den übrigen Konkursunterlagen zu vergleichen und auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Aus diesen Unterlagen haben sich ergeben oder hätten sich ergeben müssen der Abschluß des Vergleichs vor dem Sozialgericht Detmold – S 4 U 87/74 – und die Benachrichtigung von der Berichtigung der Konkurstabelle aufgrund des Vergleichs am 6. August 1975 (vgl. Bl. 48 GA).
Das Unterlassen von Einwendungen gegen die Schlußrechnung oder das Schlußverzeichnis schließt Schadensersatzansprüche wegen unrichtiger Erstellung des Schlußverzeichnisses nicht aus. § 86 Satz 4 KO betreffend die Schlußrechnung gilt nicht für das Schlußverzeichnis und auch nur für Ansprüche der Konkursmasse, nicht einzelner Beteiligter (vgl. Böhle-Stamschräder/Kilger, § 86 KO Anm. 1 und 4 und RGZ 87, 154). Außerdem war der Umfang der einzelnen Forderungen aus der Schlußrechnung nicht ersichtlich (vgl. Bl. 253 der Konkursakten 6 N 15/74 AG Bielefeld). Das Unterlassen von Einwendungen führt zwar dazu, daß nach Abhaltung des Schlußtermins Einwendungen eines Konkursgläubigers gegen die Nichtberücksichtigung seiner Forderungen nicht mehr berücksichtigt werden können (vgl. Böhle-Stamschräder/Kilger, § 162 40 Anm. 5 m.w.N.). In Rahmen des Ersatzanspruchs nach § 82 KO kommt jedoch nur die Anwendung des § 254 BGB in Betracht (vgl. RGZ 87, 154 f., Böhle-Stamschräder/Kilger, § 152 KO Anm. 4; Mentzel-Kuhn-Uhlenbruck, KO, § 162 Anm. 4, § 82 Anm. 9).
Ein Mitverschulden der Klägerin ist auch anzunehmen. Nach § 151 KO hat der Konkursverwalter vor jeder Verteilung ein Verzeichnis der bei derselben zu berücksichtigenden Forderungen auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Nach § 162 KO ist u. a. zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis ein Schlußtermin zu bestimmen. Dieses komplizierte Verfahren vor Ausschüttung der noch verfügbaren Teilungsmasse wird durchgeführt, um Gläubigern die Beanstandung ihrer fehlerhaften Berücksichtigung im Schlußverzeichnis zu ermöglichen. Das Unterbleiben von Einwendungen hat schwerwiegende Rechtsnachteile zur Folge (vgl. §§ 86, 158, 162 KO), insbesondere die Nichtberücksichtigung der Forderung nach Abhaltung des Schlußtermins. Unterläßt der Gläubiger die Prüfung des Schlußverzeichnisses und unterbleiben infolgedessen Einwendungen, so trifft den Gläubiger hinsichtlich der Nichtberücksichtigung seiner Forderung ebenfalls ein Verschulden.
Bei der Abwägung gem. § 254 BGB hält der Senat eine hälftige Schadensverteilung für gerechtfertigt. Der Konkursverwalter hat zwar durch die Erstellung des fehlerhaften Verzeichnisses die eigentliche Schadensursache gesetzt. Andererseits hätte die Klägerin bei Prüfung des Schlußverzeichnisses den Fehler leicht feststellen können.
Nach alledem war das angefochtene Urteil teilweise abzuändern. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 97, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.
Unterschriften
Rottwilm, Dr. Steffen, Boehm
Fundstellen
Haufe-Index 940170 |
ZIP 1983, 341 |