Leitsatz (amtlich)
Die Beratung einer Bank bei der Errichtung eines Testaments stellt eine nach dem Rechtsberatungsgesetz unzulässige Rechtsberatung dar. Dies gilt auch dann, wenn sie den aufgrund der Angaben des Bankkunden selbst erstellten Entwurf durch einen von ihr in eigenem Namen beauftragten Rechtsanwalt prüfen lässt.
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Freiburg vom 28.10.2005 - 10 O 37/05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin - eine Rechtsanwaltskammer - nimmt die Beklagte - eine deutsche Großbank - wegen unlauteren Wettbewerbs in Form eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) auf Unterlassung in Anspruch.
Eine Kundin der Beklagten hatte ein Unternehmen veräußert und wollte einen Teil ihres Vermögens auf ihren Sohn übertragen. Auf Anregung eines Mitarbeiters der ... Filiale der Beklagten wurde vereinbart, dass der Mitarbeiter der ... Zentrale der Beklagten, Herr X., ein Jurist, mit ihr die Verwaltung ihres Vermögens für den Fall ihres Todes oder des Vorversterbens ihres Sohnes besprechen solle. Auf der Grundlage dieses Gesprächs erstellte Herr X. je einen Entwurf für ein Testament und eine Stiftungssatzung (Anl. K 2 und 3). Anschließend leitete er die beiden Entwürfe an einen Rechtsanwalt zur Prüfung weiter. Nach erfolgter Prüfung übersandte der Rechtsanwalt die Entwürfe mit Schreiben vom 11.7.2003 (Anl. B 2) an die Kundin. Am 8.9.2004 fand nochmals ein Gespräch zwischen Herrn X. und der Kundin statt. Auf ihren Wunsch hin arbeitete er Barvermächtnisse in den Testamentsentwurf ein und modifizierte die Stiftungssatzung dahingehend, dass die Zwecke der Stiftung möglichst im Raum F. verwirklicht werden sollen, und übersandte ihr die beiden Entwürfe mit Schreiben vom 16.9.2004 (Anl. K 1).
Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Entsprechend dem Antrag der Klägerin verurteilte das LG Freiburg die Beklagte
1. unter Androhung von Ordnungsmitteln, es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie diese in Fragen von deren Testamentserrichtung inhaltlich berät, Testamentsentwürfe erstellt und/oder überarbeitet sowie Satzungen für Stiftungen erstellt, die Dritte im Zusammenhang mit ihren letztwilligen Verfügungen errichten wollen;
2. zur Zahlung von Abmahnkosten i.H.v. 150 EUR.
Mit der Berufung rügt die Beklagte, dass das Urteil des LG auf Rechtsfehlern beruhe.
Die Beklagte habe keine fremde Rechtsangelegenheit i.S.d. Art. 1 § 1 RBerG besorgt. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit habe vielmehr auf wirtschaftlichem Gebiet gelegen. Die eigentliche Rechtsbesorgung sei dem eingeschalteten Rechtsanwalt vorbehalten geblieben. Die nachträglichen Ergänzungen seien rein tatsächlicher Art gewesen und hätten sich in dem von dem Rechtsanwalt vorgegebenen Rahmen gehalten.
Die Entscheidung des LG verletze die Beklagte in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.
Selbst wenn ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG vorliegen sollte, sei die Tätigkeit der Beklagten gem. Art. 1 § 5 RBerG zulässig, da sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der von ihr erlaubterweise angebotenen Testamentsvollstreckung stehe.
Im Übrigen sei ein unterstellter Verstoß nicht geeignet, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs i.S.d. § 3 UWG zu führen.
Schließlich sei der Unterlassungsanspruch bei Klageeinreichung am 30.3.2005 bereits verjährt gewesen. Bei der Berechnung der Verjährungsfrist des § 11 UWG sei nämlich auf die Kenntniserlangung des Mitglieds der Klägerin Rechtsanwalt Dr. J. am 26.9.2004 und nicht auf dessen Mitteilung an die Klägerin Anfang Februar 2005 abzustellen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Urteilstenor durch eine zeitliche Beschränkung bis zum Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes zu ergänzen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.
1. Zutreffend hat das LG einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gem. § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG bejaht.
a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt derjenige unlauter i.S.d. § 3 UWG, der einer gesetzlichen Bestimmung zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer...