Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bedeutung und zu den Voraussetzungen einer Rangrücktrittsvereinbarung.
2. Eine Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. (§ 64 S. 1 GmbHG n.F.) setzt nicht nur die Vornahme einer Zahlung des Geschäftsführers im Stadium der Insolvenzreife, sondern - über den Wortlaut hinaus - im Regelfall zusätzlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 18. Februar 2016 - 15 O 59/15 KfH - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das in Ziffer I genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht einen Darlehensrückzahlungsanspruch geltend. Im Streit steht, ob die Beklagte dem Anspruch des Klägers - ihres ehemaligen Gesellschafters und Geschäftsführers - Einwendungen entgegensetzen kann.
Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der H Group GmbH (im Folgenden durchgehend als "HG GmbH" bezeichnet). Die HG GmbH und die Beklagte sind Teil eines in K ansässigen Schmuckunternehmens (sog. "H-Gruppe").
Gesellschafter der Beklagten sind die HG GmbH (Geschäftsanteil von 90%) und der Geschäftsführer der Beklagten M (Geschäftsanteil von 10%). Der Kläger hielt bis Ende des Jahres 2007 einen Geschäftsanteil von 30% an der Beklagten. An der HG GmbH sind der Kläger mit einem Geschäftsanteil von 21,18%, M mit 69,27% und dessen Ehefrau P mit 9,55% beteiligt. Der Kläger war bis zum 2. November 2009 als Geschäftsführer sowohl der HG GmbH als auch der Beklagten im Handelsregister eingetragen.
Spätestens Ende der 1990er Jahre geriet die H-Gruppe in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im Zuge von Restrukturierungs- und Finanzierungsmaßnahmen übernahmen M und seine Ehefrau zusammen die Mehrheit an der HG GmbH, die durch Gesellschaftsvertrag vom 25. Oktober 1999 (vgl. Anlage B 7(Anlagenband I, 107 ff.)) gegründet wurde. M übernahm 40%, seine Ehefrau 20% der Gesellschaftsanteile. Zugleich reichten sie im Jahr 1999 Darlehen in Höhe von umgerechnet rund 3,6 Mio. EUR an die HG GmbH aus. Grundlage dieser Darlehensverträge waren die Anlagen zum Gesellschaftsvertrag vom 25. Oktober 1999 (vgl. Anlage K 16(Anlagenband I 185 ff.)). In der Vorbemerkung zu den Darlehensverträgen wird Bezug genommen auf § 5 des Gesellschaftsvertrages der HG GmbH (vgl. Anlage B 7(Anlagenband I 107 ff.)), wonach sich die Darlehensgeber verpflichtet hatten, der HG GmbH langfristige, zunächst unverzinsliche Finanzplandarlehen in entsprechender Höhe zur Verfügung zu stellen(Anlagenband I 109.). Ferner besagt der jeweilige § 3 der Darlehensverträge, dass eine Tilgung des Darlehens frühestens ab dem 1. Januar 2005 und auch dann jeweils nur bis zu der Höhe verlangt werden kann, wie der Darlehensgeber in dem jeweils vorausgehend festgestellten Jahresabschluss anteilig an festgestellten und nicht durch Verlustvorträge geminderten Gewinnrücklagen beteiligt ist(Anlagenband I, 125 und 128.).
Im Jahr 2000 reichte der Kläger - seinerzeit Gesellschafter sowohl der HG GmbH als auch der Beklagten - aufgrund einer mündlichen Vereinbarung ein zinsloses Darlehen an die HG GmbH über 2,6 Mio. DM aus. Aus dieser Summe wurde im Jahr 2001 im allseitigen Einverständnis ein Teilbetrag in Höhe von 369.200,00 EUR (im Folgenden: streitgegenständliches Darlehen) auf die Beklagte übertragen. Mit Schreiben vom 19. Mai 2014 kündigte der Kläger das der HG GmbH gewährte sowie das auf die Beklagte übertragene Darlehen auf den 31. August 2014. Die Beklagte leistete keinerlei Rückzahlung. Sie wendet gegen den Anspruch insbesondere ein, dass die Kündigung des Darlehens wegen eines zwischen den Parteien vereinbarten Rangrücktritts keine Fälligkeit des Darlehens habe bewirken können; überdies bestünden Schadensersatzansprüche gegen den Kläger, mit denen hilfsweise in Höhe der Klagesumme die Aufrechnung erklärt werde.
Das Landgericht hat der Klage auf Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens nebst Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten mit Urteil vom 18. Februar 2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), soweit sie zu den hier getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen, mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung stattgegeben. Wegen der in erster Instanz gestellten Anträge, des in erster Instanz streitigen Parteivorbringens und der Entscheidungsgründe wird ebenfalls auf dieses Urteil verwiesen.
Das Landgericht, das den Kläger und den Geschäftsführer der Beklagten im Termin vom 20. Januar 2016 persönlich angehört hat, hat zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere ausgeführt:
Das Darlehen unterliege keiner Rückzahl...