Leitsatz (amtlich)

1. Der Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter wegen der Geburt und der Erziehung eines nichtehelichen Kindes dient ausschließlich der Kompensation von Erwerbseinkommenseinbußen. Somit mindern weder bereits auch schon vor der Geburt vorhandene Kapitaleinkünfte den Unterhaltsbedarf noch besteht eine Pflicht der Mutter zum Vermögenseinsatz.

2. Börsenspekulationsgewinne können Einkünften aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit gleichzusetzen - und damit nicht als Kapitaleinkünfte anzusehen - sein.

 

Normenkette

BGB § 1615I Abs. 3; BGB § 1615l Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Montabaur (Aktenzeichen 16 F 52/18)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Montabaur vom 05.03.2020, Aktenzeichen 16 F 52/18 teilweise abgeändert und der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für die Zeit von Februar 2017 bis Januar 2019 in Höhe von insgesamt 12.258,24 EUR zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. Februar 2019 zu zahlen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 42% und der Antragsgegner zu 58%.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.258,24 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die Mutter der Kinder S. (* ... 2014) und L. (* ... 2016) ist, nimmt deren Vater im Rahmen eines Stufenantrages auf Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB für die Zeit ab Februar 2017 in Anspruch.

Die Beteiligten führten einige Jahre eine Beziehung miteinander, aus der die beiden Kinder hervorgegangen sind. Diese leben seit der Trennung im August 2016 im Haushalt der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist derzeit nicht berufstätig. Neben den beiden gemeinsamen Kindern versorgt sie noch ein weiteres Kind aus einer geschiedenen Ehe. Vor der Geburt der beiden gemeinsamen Kinder ging sie sowohl einer 75%igen nichtselbständigen Tätigkeit bei der Firma L. in A. als auch - seit 2011 - einer geringfügigen Beschäftigung im Betrieb des Antragsgegners nach.

Mit dem Fortfall des Elterngeldes im Januar 2017 entstanden zwischen den Beteiligten Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des geschuldeten Betreuungsunterhalts. Von Februar 2017 bis einschließlich Juli 2018 zahlte der Antragsgegner monatlich jeweils 914,00 EUR als Betreuungsunterhalt. Zwischen August 2018 und Januar 2019 zahlte er insgesamt weitere 1.830,00 EUR.

In der Leistungsstufe ihres Antrags machte die Antragstellerin erstinstanzlich zuletzt einen monatlichen Unterhaltsbedarf in Höhe von 1.641,00 EUR geltend und forderte unter Berücksichtigung der Teilzahlungen des Antragsgegners einen Gesamtrückstand von 21.098,00 EUR für den Zeitraum Februar 2017 bis einschließlich Januar 2019. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 26.06.2018, 02.08.2018 und vom 29.07.2019 Bezug genommen.

Die Beteiligten streiten darüber, um welche berufsbedingten Aufwendungen das vor der Geburt der Kinder erzielte Haupteinkommen der Antragstellerin zu bereinigen ist, ob ihr das Nebeneinkommen weiterhin zuzurechnen ist und inwieweit sie Kapital- und Grundvermögen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs heranzuziehen hat.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Unterhaltsantrag der Antragstellerin abgewiesen und dies mit deren mangelnder Bedürftigkeit begründet. Es ist dabei entsprechend dem Antrag der Antragstellerin auf Erziehungsgeld von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommen von 1.891,00 EUR ausgegangen, das um berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 455,00 EUR zu bereinigen sei. Dies entspreche den Angaben der Antragstellerin in ihrer Steuererklärung. Unter Berücksichtigung der Steuerrückerstattung für das Vorjahr und der Kapitalerträge ergebe sich damit für 2017 gar kein ungedeckter Bedarf, für 2018 lediglich einer von 1.140,01 EUR monatlich. Diese Unterhaltsansprüche habe der Antragsgegner durch die von ihm im Unterhaltszeitraum erbrachten Teilzahlungen mehr als erfüllt.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 15.03.2020 zugestellten Beschluss am 16.04.2020, einem Montag, Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechend gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 15.06.2020 begründet. Sie macht geltend, dass das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss bei ihr ein zu geringes Nettoeinkommen zugrundegelegt habe. Sie habe aufgrund einer Absprache mit ihrem Arbeitgeber jeden zweiten Freitag frei gehabt, was bei der Bemessung des Berufsaufwandes zu berücksichtigen sei. Ferner habe sie jährliche Sonderzahlungen ihres Arbeitgebers erhalten, die sie jedoch bei der Beantragung des Elterngeldes nicht angegeben habe. Sie sei nach wie vor Eigentümerin des Baugrundstücks in N. Die angegebenen Einkünfte aus Kapitalvermögen rührten daher, dass sie ab Sommer 2016 an der Börse spekuliert und hierbei auch kurzfristige Erfolge verbucht habe. Dauerhafte Einkünfte könne sie daraus aber ...

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