Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidung in einem positiven Kompetenzkonflikt zweier Insolvenzgerichte.
2. Die rechtskräftige - frühere - Insolvenzeröffnung durch ein Insolvenzgericht steht der Weiterführung eines Verfahrens auf Insolvenzeröffnung durch ein anderes Gericht entgegen.
Normenkette
InsO § 3 Abs. 1, §§ 4, 34 Abs. 2; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 37
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 1507 IN 3190/12) |
AG Hamburg (Aktenzeichen 67g IN 274/13) |
Tenor
Örtlich zuständig für das Insolvenzverfahren ist das AG München.
Gründe
I. Das gegenständliche Verfahren betrifft den zum AG Hamburg (Az. 67g IN 274/13) gestellten Eigenantrag der Schuldnerin vom 15.7.2013 (Eingang) auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in dem sich das AG Hamburg nach Einholung eines Zwischenberichts des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Beschluss vom 2.10.2013 für örtlich zuständig erklärt und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Insolvenzgerichts dem OLG München vorgelegt hat.
Die Schuldnerin war am 24.9.2012 im Handelsregister des AG München mit Sitz in München eingetragen. An diesem Tag beschloss die Gesellschafterversammlung die Sitzverlegung nach Hamburg. Im Handelsregister wurde dies im Jahr 2013 eingetragen.
Vor und unterdessen kam es in München zu folgenden die Insolvenz der Schuldnerin betreffenden Verfahren:
1. Am 8.6.2012 beantragte zunächst die Schuldnerin beim AG München die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit (Az. 1507 IN 1924/12). Im Gläubigerverzeichnis hatte sie u.a. (bestrittene) Verbindlichkeiten gegenüber den (weiteren) Beteiligten - einer Sozietät von Rechtsanwälten - i.H.v. 193.244,75 EUR aufgeführt. Der Antrag wurde mit Schreiben vom 26.7.2012 wieder zurückgenommen, die vom Insolvenzgericht getroffenen Maßnahmen wurden wieder aufgehoben.
2. Am 24.9.2012 beantragten die Beteiligten ihrerseits beim AG München die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin (Az. 1507 IN 3190/12). Sie beriefen sich auf eine bestehende - bestrittene - Honorarforderung gegenüber der Schuldnerin i.H.v. rund 200.000 EUR. In der Folgezeit legten sie Unterlagen über die bestrittene Forderung vor und beriefen sich auf das im vorangegangenen Verfahren erstellte Insolvenzgutachten, wonach von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung auszugehen sei.
a) Das AG München wies den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 5.10.2012 als unzulässig zurück. Die behauptete Forderung sei nicht glaubhaft gemacht. Auf die sofortige Beschwerde hob das LG München I mit Beschluss vom 20.2.2013 die angefochtene Entscheidung auf und verwies das Verfahren zur weiteren Entscheidung an das AG München - Insolvenzgericht - zurück.
Es führte namentlich aus:
Die zulässige Beschwerde führe zur Rückgabe der Akten nach § 572 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 4 InsO, um dort das Verfahren zur Begründetheit des Antrags fortzuführen. Der Antrag der Beteiligten auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei zulässig. Der Bestand der Forderung - jedenfalls in einer Größenordnung von 100.000 EUR - sowie der Eröffnungsgrund seien ausreichend glaubhaft gemacht. Die örtliche Zuständigkeit des AG München sei nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InsO gegeben. Zum Zeitpunkt des maßgeblichen Antragseingangs am 24.9.2012 habe die Schuldnerin ihren allgemeinen Gerichtsstand in München gehabt. Die Sitzverlegung nach Hamburg gemäß notarieller Urkunde vom 24.9.2012 sei unbeachtlich, weil diese am 24.9.2012 und unstreitig jedenfalls bis zum 10.2.2013 noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Auf § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO sei nicht abzustellen, weil nach dem im Vorverfahren erholten Gutachten vom 7.8.2012 die Schuldnerin keinen aktiven Geschäftsbetrieb mehr unterhalte.
b) Das AG München eröffnete mit Beschluss vom 5.9.2013 das Insolvenzverfahren und bestellte Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Schuldnerin hat das LG am 8.10.2013 verworfen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Es fehle an deren Beschwer. Auf die angeblich fehlende örtliche Zuständigkeit könne eine Beschwer nicht gestützt werden; überdies habe das LG die örtliche Zuständigkeit des AG München in seiner vorangegangenen Entscheidung bereits bejaht. Verfahrensgrundsätze seien zu lasten der Schuldnerin nicht verletzt worden. An einer Beschwer fehle es auch deshalb, weil die Schuldnerin ihrerseits inzwischen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim AG Hamburg gestellt habe. Sie erhalte also genau das, was sie begehrt habe, könne freilich aus den genannten Gründen die örtliche Zuständigkeit nicht rügen.
3. Die Schuldnerin und die beteiligten Gläubiger hatten vor dem Senat Gelegenheit zur Äußerung.
II. Auf die nach § 36 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 § 37 ZPO i.V.m. § 4 InsO zulässige Vorlage durch das AG Hamburg - eines Gesuchs von Verfahrensbeteiligten bedarf es weder in den Fällen der Nr. 6 noch der Nr. 5 (s. nur Zöller/Vollkommer ZPO, 30. Aufl., § 37 Rz. 2 m.w.N.) - ist die Zuständigkeit des AG München - Insolvenzgeri...