Leitsatz (amtlich)
Einer Pflichtteilsklausel in Kombination mit der Anordnung der Gleichbehandlung der gemeinsamen Kinder kann für die wechselbezügliche Anordnung von deren Einsetzung als Schlusserben sprechen.
Normenkette
BGB §§ 2269-2271, 133, 2084
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 09.09.2014; Aktenzeichen 67 VI 3271/14) |
Tenor
Der Beschluss des AG München vom 09.09.2014 wird aufgehoben und der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) vom 14.04.2014 zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Erblasserin, die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin einzusetzen.
Die am 14.02.2014 verstorbene Erblasserin hatte am 25.09.1984 mit ihrem am 10.12.1986 vorverstorbenen Ehemann folgendes gemeinschaftliches Testament errichtet:
1. Wir, die Eheleute ... u. ..., setzen uns gegenseitig als Erben auf das ganze Vermögen ein.
2. Nach dem Tod des Erstversterbenden fällt das gesamte Vermögen an den verbleibenden Ehegatten. Dieser ist zur unbeschränkten Verfügung über das Vermögen berechtigt.
3. Die Kinder sollen den Pflichtteilsanspruch nach dem Erstversterbenden nicht geltend machen. Sollte eines der Kinder seinen Pflichtteil dennoch verlangen, soll es auch nach dem Tode des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.
4. Die drei Kinder haben im Verhältnis unter sich die ihnen bei Lebzeiten von uns beiden und vom Letztversterbenden gemachten unentgeltlichen Zuwendungen zur Ausgleichung zu bringen. Jedes unserer Kinder soll gleich behandelt werden.
5. Sollte der Letztversterbende vorher wieder heiraten, dann sollen die drei Kinder ..., ... u. ... zusammen 1/3 jeder also 1/6, des gesamten vorhandenen Vermögens als Vermächtnis erhalten. Die Vermächtnisse sollen in angemessener Zeit ausgezahlt werden. Sollte die Auszahlung nicht aus Barmitteln erfolgen, sondern ein Verkauf bebauter oder unbebauter Grundstücke nötig sein, dann haben die Vermächtnisnehmer keinen Anspruch darauf, dass die Auszahlung auch bei schlechter Grundstücksmarktlage erfolgt. Im Übrigen tritt bei einer Wiederverheiratung bezüglich des 2/3- (Rest-)Vermögens die gesetzliche Erbfolge sein.
Ferner liegt ein handschriftliches Testament der Erblasserin vom 29.06.2013 vor, in dem sie die Beteiligte zu 1) zur "Alleinerbin meines gesamten Vermögens" bestimmte und die Beteiligten zu 2) und 3) auf den Pflichtteil setzte. Ferner heißt es: "Sofern meine Söhne ... vor dem Erbfall auf ihren Pflichtanteil an der Immobilie ..., ...weg 22a, verzichtet haben (notariell beglaubigt), erhöht sich ihr Pflichtteil und sie haben Anspruch auf jeweils den hälftigen Anteil an der Immobilie ...weg 22a."
Die Beteiligte zu 1) hat unter dem 14.04.2014 beim AG die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt. Dem sind die Beteiligten zu 2) und 3) u.a. deshalb entgegengetreten, weil die Erblasserin durch das gemeinschaftliche Testament vom 25.09.1984 gebunden gewesen sei. Die Beteiligte zu 1) hat darauf verwiesen, dass die Erblasserin in keiner Weise aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments gebunden gewesen sei. Das AG hat mit Beschluss vom 09.09.2014 festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Alleinerbscheins für die Beteiligte zu 1) vorlägen. Das Testament aus dem Jahr 1984 enthalte für den zweiten Sterbefall lediglich eine Pflichtteilsstrafklausel und keine weiteren Verfügungen.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3), die der Auffassung sind, dass die Erblasserin wegen des in dem gemeinschaftlichen Testament vom 25.09.1984 niedergelegten Willens der Ehegatten zur gleichen Behandlung der Kinder nicht mehr widersprechend habe verfügen können. Der Senat hat mit Eingang der Akte darauf hingewiesen, dass er davon ausgeht, dass alle Beteiligten durch das gemeinschaftliche Testament vom 25.09.1984 - bindend - als Schlusserben zu gleichen Teilen eingesetzt worden sind. Dem hat die Beteiligte zu 1) widersprochen und darauf verwiesen, dass sich in dem gemeinschaftlichen Testament keine Schlusserbeneinsetzung fände. Jedenfalls im vorliegenden Fall sei die Pflichtteilsstrafklausel nicht entsprechend zu interpretieren. Insoweit treffe die Feststellungslast die Beteiligten zu 2) und 3). Auch aus der Wiederverheiratungsklausel gemäß Ziffer 5. des gemeinschaftlichen Testaments ergäbe sich keine Schlusserbeinsetzung. Vielmehr seien die Eheleute davon ausgegangen, dass ggf. die gesetzliche Erbfolge eingreife. Außerdem sei eine eventuelle Schlusserbeneinsetzung jedenfalls nicht wechselbezüglich, zumal in dem gemeinschaftlichen Testament eine Abänderungsklausel enthalten sei.
II. Die Beschwerde hat Erfolg, weil die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 25.09.1984 ergibt, dass die Eheleute - wechselbezüglich - die Beteiligten zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt haben.
1. Im vorliegenden Fall kann der Beteiligten zu 1) darin beigetreten werden, dass allein in der Pflichtteilsstrafklausel gemäß Ziffer 3. des gemeinschaftlichen Testaments keine Schlusserbeinsetzung zu erblicken ist. Denn mit einer Verwirkungsklausel möc...