Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin ist dieser materiellrechtlich die Verfügungsbefugnis über die Gegenstände der Insolvenzmasse und in demselben Umfang verfahrensrechtlich die Bewilligungs-, Antrags- und Beschwerdebefugnis im Grundbuchverfahren entzogen.
2. Wird ein Eintragungsantrag wegen fehlender Antragsbefugnis zurückgewiesen, ist ein Beschwerderecht zur Überprüfung der Antragsbefugnis gegeben.
3. Zur Frage der Nichtigkeit eines Insolvenzeröffnungsbeschlusses.
Normenkette
GBO § 19 Abs. 1; InsO §§ 27, 80 Abs. 1
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Sonthofen - Grundbuchamt - vom 7. März 2018 betreffend den Antrag vom "06.12.2017" (richtig: 27.11.2017) wird zurückgewiesen, soweit sie von den Beteiligten zu 1 und zu 3 eingelegt ist, und verworfen, soweit sie von dem Beteiligten zu 2 eingelegt ist.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 29.900.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1, eine GmbH, deren Geschäftsführer laut Handelsregistereintrag der Beteiligte zu 2 ist, ist seit dem 12.2.2015 aufgrund Zuschlagsbeschlusses vom 25.7.2014 im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die am 7.3.2018 erfolgte Zurückweisung eines am 27.11.2017 von der Beteiligten zu 1 gestellten Eintragungsantrags. Dem liegt Folgendes zugrunde:
Unmittelbar nach Zuschlagserteilung bestellte die Beteiligte zu 1 zu notariellen Urkunden jeweils vom 4.8.2014 zu Gunsten der Beteiligten zu 3, ebenfalls eine GmbH, dingliche Rechte am Grundbesitz, u. a. wie folgt:
- Zu URNr. 1669/2014 räumte die Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 3 auf die Dauer von 30 Jahren ein Nutzungsrecht (Steinabbaurecht) am Grundbesitz ein und bewilligte die Eintragung einer entsprechenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch.
- Des Weiteren bestellte sie zugunsten der Beteiligten zu 3 zu URNr. 1670/2014 eine Briefgrundschuld über 25 Mio. EUR nebst Zinsen von 10 % p.a. ab dem 4.8.2014 und bewilligte die Eintragung im Grundbuch. Der zu bildende Grundschuldbrief sollte an den Notar ausgehändigt werden.
Den diesbezüglich am 5.8.2014 unter Urkundenvorlage notariell gestellten Vollzugsantrag wies das Grundbuchamt mit Beschluss vom 19.10.2015 mangels Vorschusszahlung zurück. Die Urkunden wurden nach Fertigung von Ablichtungen dem Notar zurückgegeben.
Auf Ersuchen des Insolvenzgerichts vom 13.6.2017 wurde in Abteilung II am 27.7.2017 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (lfd. Nr. 18) im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 18.11.2017, eingegangen beim Grundbuchamt am 27.11.2017 (Fall erzeugt laut Stempelaufdruck am 6.12.2017), wandte sich der Beteiligte zu 2 namens der Beteiligten zu 1 an das Grundbuchamt. Er führte aus, dass das Insolvenzverfahren aus seiner Sicht unzulässig und der ergangene Eröffnungsbeschluss aus denselben Gründen nichtig sei. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung des Steinabbaurechts (URNr. 1669/2014) und der Grundschuld (URNr. 1670/2014) sowie des im Jahr 2014 über den Notar gestellten Eintragungsantrags gab er an, er habe die Angelegenheit nicht weiter verfolgen können, gehe aber von einer Antragszurückweisung aus. Für den Fall, dass die Eintragung damals zurückgewiesen wurde, stelle er hiermit den Antrag (nur) hinsichtlich dieser Rechte erneut.
Mit Beschluss vom 7.3.2018 hat das Grundbuchamt den Antrag vom "6.12.2017" (gemeint: 27.11.2017) zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1 sei infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht befugt, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verfügen, und deshalb auch nicht mehr berechtigt, Eintragungsanträge in Bezug auf Gegenstände der Insolvenzmasse zu stellen. Selbst im Fall gegebener Antragsberechtigung hätten die notariellen Urkunden erneut in öffentlich beglaubigter Abschrift vorgelegt werden müssen, weil die Bewilligungen mit der Antragszurückweisung ihre Wirkung als Verfahrenshandlung verloren hätten.
Mit Schreiben vom 9.4.2018 hat der Beteiligte zu 2 in eigenem Namen sowie namens der Beteiligten zu 1 und 3 Beschwerde gegen die zurückweisende Entscheidung vom 7.3.2018 eingelegt, mit der die Eintragungsanträge weiterverfolgt werden (wörtlich: "stelle die o.g. Anträge hiermit erneut"). Er bitte um sofortigen Vollzug durch Eintragung im Rang vor der - am 7.3.2018 unter lfd. Nr. II/19 eingetragenen - Auflassungsvormerkung. Diese Vormerkung sei zu löschen; hilfsweise sei ein Widerspruch einzutragen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Bestellung des Insolvenzverwalters seien mangels Zuständigkeit des tätig gewordenen Gerichts unwirksam. Die Entscheidung des Insolvenzgerichts sei unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergangen. Sie würde auf einer Straftat beruhen, denn das Insolvenzgericht habe seine Zuständigkeit auf der Grundlage eines bewusst in Betrugsabsicht falsch erstellten Gutachtens angenommen. Gegen den Eröffnungsbeschluss sei Beschwerde eingelegt mit dem Hauptantrag, das Insolvenzverfahren klarstelle...