Leitsatz (amtlich)
§ 89b Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. HGB dient nicht dazu, dem Handelsvertreter zu ermögli-chen, sein eigenes unternehmerisches Risiko einseitig auf den Unternehmer zu ver-lagern. Dieser gibt nicht schon dann begründeten Anlass für eine Eigenkündigung des Handelsvertreters, wenn er es unterlassen hat, dem Handelsvertreter von sich aus eine Reduzierung der Tankstellenpacht anzubieten, um dem Handelsvertreter die Erzielung eines ausreichenden Gewinns zu ermöglichen.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.05.2016; Aktenzeichen 16 HK O 13480/15) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 19.05.2016, Az. 16 HK O 13480/15, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesen Urteilen jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Handelsvertreterausgleich und Entgelt für die Übernahme von Warenbeständen. Der Kläger betrieb vom 02.06.1992 bis 30.06.2014, zuletzt aufgrund vertraglicher Vereinbarungen vom 29.12.2010 (vgl. Anlage K 1), die Tankstelle der Beklagten in der.
Im September 2007 eröffnete die Beklagte ca. 1,4 km von der streitgegenständlichen Tankstelle entfernt eine E R Station. Zum Jahr 2010 erfolgte eine Reduzierung der ursprünglich vereinbarten Pacht. Im Jahr 2012 lehnte die Beklagte eine Anfrage des Klägers ab, der in Unterhaching zusätzlich eine A-Tankstelle übernehmen und betreiben wollte. Verhandlungen über eine abermalige Anpassung der Pacht fanden nicht statt.
Das Vertragsverhältnis wurde nach Eigenkündigung des Klägers vom 26.06.2013 zum 30.06.2014 beendet und die Tankstelle am 30.06.2014 zurückgegeben. Am 01.08.2014 erteilte die Beklagte dem Kläger eine "Gutschrift" über 19.988,25 Euro (siehe Anlage K 12).
Der Kläger behauptet, er sei zur Kündigung aufgrund der schlechten Erträge der Tankstelle gezwungen gewesen. Es sei nicht möglich gewesen, einen annähernd akzeptablen Gewinn zu erwirtschaften. Bezüglich der Waren des Tankstellenshops habe er sich mit dem Zeugen B darauf geeinigt, dass die Beklagte die Waren übernehme und dem Kläger bezahle. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde trotz der Eigenkündigung ein Handelsvertreterausgleichsanspruch in Höhe von 55.356,35 Euro zu. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen dafür zu sorgen, dass ihm die Tankstelle ein auskömmliches Einkommen biete. Für die Shopware habe er einen Kaufpreisanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 19.988,25 EUR. Zumindest sei die Gutschrift vom 01.08.2014 als Schuldanerkenntnis zu werten.
Der Kläger hat in 1. Instanz beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75.344,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 55.356,35 Euro seit dem 10.11.2014 und Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 19.988,25 EUR seit dem 07.02.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Tankstelle herabgewirtschaftet. Eine Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Übernahme von Waren des Tankstellenshops habe es nicht gegeben. Die Beklagte ist der Ansicht, der Anspruch auf Handelsvertreterausgleich sei wegen der Eigenkündigung des Klägers ausgeschlossen. Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Ein Handelsvertreterausgleichsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Allein die Tatsache, dass der Betrieb für den Handelsvertreter wirtschaftlich nicht auskömmlich sei, führe nicht dazu, dass ihm bei einer Eigenkündigung der Handelsvertreterausgleichsanspruch erhalten bleibe. Die Eröffnung der E R Station im Jahr 2007 sei irrelevant, ebenso wie die Tatsache, dass die Beklagte es im Jahr 2012 ablehnte, den Kläger für die Übernahme einer A-Tankstelle in Unterhaching vom vertraglichen Konkurrenzverbot freizustellen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger von sich aus Angebote zur wirtschaftlichen Unterstützung zu unterbreiten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung von 19.988,25 Euro. Ein Anspruch ergebe sich weder aus der als Anlage K 12 vorgelegten Gutschrift der Beklagten vom 01.08.2014 noch aus einer vertraglichen Vereinbarung. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass ein Vertrag zwischen ihm und der Beklagten geschlossen worden sei. Insbesondere habe dies die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Auch die Berücksichtigung der Gutschrift durch die Beklagten vom 01.08.2014 ändere hieran nichts, es spreche alles dafür, dass es sich dabei um ein internes Versehen gehandelt habe.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Der Handels...