Leitsatz (amtlich)

1. Voraussetzung für die Geltendmachung der Vertragsstrafe ist zwingend der ausdrückliche Vorbehalt bei der Abnahme.

2. Der Auftraggeber kann nach Übergabe der Sicherungsbürgschaft konsequenterweise die Zahlung des Sicherungseinbehalts verlangen.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 12.09.2003; Aktenzeichen 1 O 2973/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.9.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 13.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 Euro.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 165.130,59 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 ZPO.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Werklohns in Anspruch.

Mit Vertrag vom 7.3.2002 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der schlüsselfertigen Errichtung einer als Kühlhalle dienenden Speditionsumschlaghalle in M. zum Preis von 1.050.000 Euro zzgl. Umsatzsteuer. Nach dem Vertrag war die Beklagte zum Einbehalt einer Sicherheitsleistung i.H.v. 5 % der Gesamtauftragssumme berechtigt, den die Klägerin ihrerseits durch eine entsprechende Gewährleistungsbürgschaft abwenden konnte. Voraussichtlicher Termin für den Arbeitsbeginn war der 10.3.2002, die Bauzeit wurde mit maximal drei Monaten vereinbart. Mit der Abnahme wurde das Büro Prof. L. beauftragt.

Die Klägerin führte die Arbeiten sodann aus, die Abnahme fand am 10.7.2002 im Beisein von Prof. L. statt; festgestellte Mängel wurden im Abnahmeprotokoll niedergelegt. Unter dem 12.9.2002 erteilte die Klägerin ihre Schlussrechnung, die unter Einschluss zweier Zusatzaufträge und einer entfallenen Leistung sowie eines Abschlags von 2.500 Euro ("Kulanz Überladebrücken") mit 1.214.020,59 Euro abschloss. Nach Abzug der geleisteten Zahlungen und des Sicherheitseinbehalts (60.701,03 Euro) verblieb ein Rechnungsbetrag von 111.929,56 Euro. Mit Schreiben vom 21.10.2002 übersandte die Klägerin der Beklagten zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts eine Bürgschaft der Z. AG über 60.701,03 Euro; eine Zahlung der Beklagten erfolgte indes nicht.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe ihre Arbeiten mangelfrei erbracht und die bei der Abnahme festgestellten Mängel nachgebessert. Auch die Überladebrücken seien fehlerfrei eingebaut worden. Die Beklagte habe ein System mit Klapplippen bestellt und auch erhalten; ein (kostspieligeres) Vorschublippensystem sei nicht vereinbart gewesen. Das Brückensystem arbeite einwandfrei, was der Hersteller mit Schreiben vom 8.8.2002 bestätigt habe. Sofern Styroporplatten fehlen sollten, sei dies offenbar darauf zurückzuführen, dass sich im Bereich der Ladebrücken häufig Obdachlose aufhielten, von denen die Platten entfernt worden seien. Obwohl sie hierfür nicht verantwortlich sei, habe sie der Beklagten mit deren Einverständnis bereits einen Nachlass von 2.500 Euro eingeräumt. Sie habe ihre Arbeiten termingerecht ausgeführt. Die Bepflanzung der Außenanlage (2.302,02 Euro) sei in Absprache mit der Beklagten erst im Herbst zur Pflanzzeit vorgenommen worden.

Nach Rücknahme der Klage i.H.v. 8.000 Euro und übereinstimmender Erledigungserklärung über 7.500 Euro hat die Klägerin zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 104.429,56 Euro nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszins seit Zustellung der Klageschrift (21.2.2003) zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 60.701,03 Euro nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die Bürgschaftserklärung der Z. AG Nr. 704.001.517.233 vom 15.10.2002 i.H.v. 60.701,03 Euro herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klage sei schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin noch 18 Bäume habe pflanzen sollen. Dies sei erst am 9.12.2002 geschehen, also nach Einreichung der Klage. Die Klägerin habe ihre Leistungen zudem nicht fristgerecht bis zum 19.7.2002 fertig gestellt, da sie erst zum 9.12.2002 die Fertigstellung angezeigt habe, sei eine Vertragsstrafe i.H.v. 60.682,45 Euro verwirkt. Mit diesem Betrag hat sie ggü. der Klageforderung aufgerechnet. Schließlich hat die Beklagte sich auf Mängel berufen. Nach dem Vertrag habe die Klägerin zwölf Überladebrücken vom Typ HAFA oder gleichwertige einbauen sollen. Die Klägerin habe ein anderes System eingebaut, bei dem die Wärmedämmung fehlerhaft angebracht sei. Bei dem System HAFA sei die Überladebrücke mit all ihren Bauteilen vollständig in den Kühlbereich der Halle eingebunden und vollständig vom Außenbereich abgekoppelt. Die Dämmung sei beweglich gelagert und f...

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