Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfegesuch. Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Antragsteller. Aktivprozess. Unterbrechung des Rechtsstreits. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Keine Aussicht auf Erfolg. Fehlende Prozessführungsbefugnis. Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
1. Das Prozesskostenhilfeverfahren wird durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Antragsteller nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen.
2. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Antragsteller verlieren diese in der Regel die Klagebefugnis, weshalb für eine beabsichtigte Widerklage zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Klägerin die erforderliche Erfolgsaussicht gem. § 114 ZPO fehlt.
Normenkette
ZPO §§ 240, 114; InsO §§ 117, 80 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 25.09.2003; Aktenzeichen 26 O 152/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten/Widerkläger/Beschwerdeführer gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 25.9.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 25.9.2003, mit dem ihrem Prozesskostenhilfegesuch für eine Widerklage nur zum Teil stattgegeben wurde, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Gründe der Entscheidung des LG Stuttgart die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe tragen, insb. nachdem die Beklagten versucht haben, mit ihrer sofortigen Beschwerde die geltend zu machenden Schadensersatzansprüche zu substanziieren. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nun jedenfalls aus anderen Gründen zu versagen.
2. Eine über den bereits rechtshängigen Teil hinausgehende Widerklage hat wegen der zwischenzeitlich erfolgten Eröffnung der Insolvenzverfahren gegen die Beklagten keine Aussicht auf Erfolg.
a) Dabei kann dahin stehen, ob eine weiter gehende Widerklage als Widerklagerweiterung überhaupt erhoben werden könnte, weil der Rechtsstreit über die Klage gegen die Beklagten und deren Widerklage, als ersten rechtshängig gemachten Teil, mit der Eröffnung der Insolvenzverfahren gegen die Beklagten am 20.1.2004 gem. § 240 ZPO unterbrochen wurde.
b) Es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob eine Widerklagerweiterung oder eine neue Klage derzeit schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg hätte (so wohl OLG Köln v. 15.11.2002 - 2 U 79/02, MDR 2003, 526 = OLGReport Köln 2003, 52 = ZIP 2003, 1056 [1058] = NJW-RR 2003, 264), weil die dem Beklagtenvertreter erteilte Prozessvollmacht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 117 InsO erloschen ist (Ott in MünchKomm/InsO, § 117 Rz. 8; Braun-Kroth, InsO, § 117 Rz. 4; BGH v. 11.10.1988 - X ZB 16/88, MDR 1989, 255 = NJW-RR 1989, 183) und die Beklagten mangels Klagebefugnis auch für Forderungen, die zur Insolvenzmasse gehören, keine erneute Prozessvollmacht erteilen können. Die Postulationsfähigkeit der Beklagten wäre für einen Rechtsstreit gegen die Klägerin, der vor dem LG zu führen wäre, mit Insolvenzeröffnung entfallen (Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., Vor § 78 Rz. 4). Es kann offen bleiben, ob dies durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfebeschluss behoben werden könnte.
Tatsächlich kann für einen Aktivprozess jedoch aus Gründen der fehlenden Prozessführungsbefugnis Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
c) Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fehlt den Beklagten die Klagebefugnis/Prozessführungsbefugnis (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., Vor § 50 Rz. 21; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 51 Rz. 19 ff.). Wegen § 80 Abs. 1 InsO wird der Insolvenzverwalter Partei kraft Amtes (h.M., BGH v. 16.1.1997 - IX ZR 220/96, MDR 1997, 494 = NJW 1997, 1445). Die Beklagten sind nicht mehr befugt, über ihre Vermögensgegenstände, zu denen auch Forderungen gehören, zu verfügen und diese klageweise geltend zu machen. Die Frage, ob Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin geltend zu machen sind, wird daher vom Insolvenzverwalter zu entscheiden sein, der entsprechende Schritte auch unternehmen kann.
Da eine entsprechende Klage/Widerklagerweiterung die erforderliche Prozessvoraussetzung der Prozessführungsbefugnis der Beklagten nicht aufweisen könnte, wäre sie als unzulässig abzuweisen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., Vor § 50 Rz. 21). Im Sinne des § 114 ZPO fehlt daher die Erfolgsaussicht (Fischer, MDR 2004, 252 [254]; so wohl auch OLG Köln v. 15.11.2002 - 2 U 79/02, MDR 2003, 526 = OLGReport Köln 2003, 52 = ZIP 2003, 1056 [1058] = NJW-RR 2003, 264 in der Hilfsbegründung).
d) Es kann daher auch dahingestellt bleiben, ob tatsächlich die Fortführung des Prozesskostenhilfeverfahrens als mutwillig i.S.d. § 114 ZPO anzusehen ist (so wohl auch OLG Köln v. 15.11.2002 - 2 U 79/02, MDR 2003, 526 = OLGReport Köln 2003, 52 = ZIP 2003, 1056 [1058] = NJW-RR 2003, 264; OLG Koblenz v. 24.2.1987 - 5 W 211/86, ZIP 1987, 1596; Fischer, MDR 2004, 252 [254]).
3. An einer Entscheidung über die Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren sieht sich der Senat durch § 240 ZPO nicht ...