Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 14.01.2021; Aktenzeichen 12 O 472/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.01.2021, Az. 12 O 472/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers wendet sich gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.01.2021 und verfolgt das ursprüngliche Klagebegehren weiter.
Die Parteien streiten über die Haftung der Beklagten im Rahmen der Erstellung des Gründungsgutachtens nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG für die E. eG und der späteren Pflichtprüfungen nach § 53 GenG.
Der Beklagte ist ein genossenschaftlicher Prüfverband. Die am 30.05.2012 gegründete E. eG (im folgenden: E.) war Pflichtmitglied der Beklagten (§ 54 GenG), die daher für die Gründungsprüfung der E. (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG) und die weiteren Pflichtprüfungen (§ 53 GenG) zuständig war. Der Zweck der E. bestand nach § 2 ihrer Satzung (Anlage B1) in der Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine günstige, adäquate und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung, wozu die Genossenschaft Bauten in allen Rechts- und Nutzungsformen bewirtschaften, errichten, erwerben, veräußern, verwalten, vermitteln und betreuen konnte.
Der Kläger und seine Ehefrau traten bei der E. als investierende Mitglieder auf. Im Juni 2014 erwarb der Kläger 200 Geschäftsanteile zu einem Preis von 20.000 EUR (Anlage K9) und im Februar 2017 weitere 300 Geschäftsanteile für 30.000 EUR (Anlage K4). Seine Ehefrau erwarb 200 Geschäftsanteile zu einem Beteiligungskapital von 20.000 EUR im Februar 2015 (Anlage K7).
Der Kläger hatte zuvor von dem Gründungsgutachten bzw. den späteren Pflichtprüfungen durch den Beklagten nach eigenen Angaben nichts gesehen, noch war ihm etwas über dessen Tätigkeit gesagt worden. Die Empfehlung zur Anlage bei einer Genossenschaft erfolgte durch seine Bank, die zur Investition bei der E. durch einen Arbeitskollegen.
Die E. stellte am 13.09.2017 Insolvenzantrag. Im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Vorstand M. T. wurde dieser am 13.03.2019 durch das Landgericht Stuttgart (Az. ...) wegen Betrugs in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt (Anlage K 13).
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in Stuttgart führte ein Aufsichtsverfahren (§ 64 GenG) gegen die Beklagte durch. Das in Auftrag gegebene Gutachten ("B.-Gutachten"), dessen Veröffentlichung der Beklagte widersprochen hat, kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund offensichtlicher Widersprüche zwischen dem Geschäftsmodell, des in der Satzung angegebenen Förderzwecks und dem Genossenschaftsgesetz die E. eG nie als Genossenschaft hätte eingetragen werden dürfen. Die Gutachter stellten weiter fest, dass die genossenschaftlichen Pflichtprüfungen des Beklagten gravierende Defizite aufweisen würden (vgl. Pressemitteilung vom 10.04.2019, Anlage K2).
Mit Vereinbarung vom 05.04.2019 trat die Ehefrau des Klägers, die auf dessen Rat gezeichnet hatte, ihre Schadensersatzforderung gegen die Beklagte an den Kläger ab (Anlage K5).
Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 14.01.2021 verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch nach §§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 150 GenG komme nur bei Nachweis eines falschen Berichts über das Ergebnis der Prüfung in Betracht, wenn die Darstellung des (angeblichen) Ergebnisses vom wirklichen Ergebnis der Prüfung abwiche. Ob das berichtete Ergebnis dabei von der Wirklichkeit abweiche, sei unbeachtlich, so dass eine unterstellte fehlerhafte Würdigung der getroffenen Feststellungen gerade nicht ausreiche. Weiter trage der Kläger auch nicht vor, welche konkreten Tatsachen dem Beklagten bei der Prüfung bekannt gewesen sein sollen, die nicht in die jeweiligen Prüfberichte aufgenommen worden seien. Aus dem angeblichen Widerspruch zwischen Geschäftsmodell und satzungsgemäßem Förderzweck lasse sich kein so gravierender Fehler des Beklagten ableiten, der eine Haftung nach § 826 BGB nach sich ziehen könnte. Auch aus der angeblich fehlerhaften Rentabilitätsrechnung folge noch keine Haftung aus § 826 BGB. Gleiches gelte für den Inhalt der Pflichtprüfungen nach § 53 GenG. Ein subjektiv sittenwidriges Verhalten des Beklagten sei nicht ersichtlich, weil dies ein nachlässiges Arbeiten, z.B. durch unzureichende Ermittlungen oder durch Angaben ins Blaue hinein, erfordere, wobei eine Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt werden müsse, die angesichts der Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung Dritter als gewissenlos erscheine. Weit...