4.1 Anwendungsbereich
Sowohl Drittlandsunternehmer als auch EU-Unternehmer können Importsendungen, die direkt an einen nichtsteuerpflichtigen Abnehmer in der EU versandt werden, über den sog. Import-One-Stop-Shop (IOSS) deklarieren. Voraussetzung ist, dass die Warensendung einen Sachwert von höchstens 150 EUR hat und die Waren keiner Verbrauchsteuer unterliegen. In diesem Fall ist die Einfuhr der Waren gem. § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei, wenn in der Zollanmeldung die individuelle Identifikationsnummer des liefernden Unternehmers oder dessen Vertreters angegeben wird und diese gültig ist. Diese besondere Besteuerungsform kann auch von elektronischen Schnittstellenbetreibern (Online-Marktplätzen) gem. § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG genutzt werden, wobei in diesem Fall die Lieferung des Online-Händlers im Gemeinschaftsgebiet nicht steuerbar ist.
Südkoreanischer Versandhändler mit Direktversand an deutsche Privatkunden
Ohne Einschaltung eines Online-Marktplatzes
Ein in Südkorea ansässiger Versandhändler versendet elektronische Bauteile in einem Sachwert von 100 EUR an eine in Deutschland ansässige Privatperson. Er hat die Teilnahme am IOSS-Verfahren in Deutschland beim BZSt angezeigt und für die Zollanmeldung in Deutschland seine Identifikationsnummer hinterlegt. Die Einfuhr in Deutschland ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei. Die in Deutschland geschuldete Umsatzsteuer für die Lieferung an den Endkunden kann er im Import-One-Stop-Shop-Verfahren beim BZSt auf elektronischem Weg deklarieren und entrichten.
Abwandlung:
Der südkoreanische Versandhändler ist für das IOSS-Verfahren bei der zuständigen Finanzbehörde in Frankreich registriert und nutzt die ihm von Frankreich erteilte Identifikationsnummer. Die an den deutschen Privatkunden erfolgte Sendung ist bei der französischen Finanzbehörde mit Bemessungsgrundlage, dem anzuwendenden Steuersatz von 19 % und dem so ermittelten Steuerbetrag für Deutschland zu deklarieren. Die Umsatzsteuer ist dort zu entrichten.
Mit Einschaltung eines Online-Marktplatzes
Der in Südkorea ansässige Versandhändler nutzt für die Angebote und die Auslieferung seiner elektronischen Bauteile einen im Inland ansässigen Online-Marktplatz. Der Online-Marktplatz kann für die Lieferung an den deutschen Endkunden die IOSS-Regelung nutzen und damit die Haftung gem. § 25e UStG für die Steuerschuld des Online-Händlers vermeiden.
4.2 Anzeigepflicht im elektronischen Verfahren
Unternehmer, die derartige Fernverkäufe in Sendungen bis zu einem Sachwert von 150 EUR erbringen und im Gebiet der Europäischen Union die Umsatzsteuer schulden, können sich für das Verfahren einer einzigen Anlaufstelle entscheiden. Sie haben dies der zuständigen Finanzbehörde ihres Ansässigkeitsstaates bzw. bei Drittstaatsunternehmern, des Mitgliedstaates ihrer Wahl, nach vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung anzuzeigen.
Die Teilnahme am IOSS-Verfahren ist nur einheitlich für alle Mitgliedstaaten und alle unter Tz. 4.1 genannten Umsätze möglich. Sie gilt auch für Kleinunternehmer, die derartige Umsätze in anderen EU-Mitgliedstaaten tätigen. Bei umsatzsteuerlichen Organkreisen kann das Wahlrecht zur Teilnahme am IOSS-Verfahren und damit die Anzeige nur durch den Organträger erfolgen.
Besonderheiten bei Drittstaatsunternehmern
Das IOSS-Verfahren kann auch von Drittstaatsunternehmen genutzt werden. Allerdings gelten hier gewisse Einschränkungen. Die Teilnahme ist nur zulässig, wenn das Drittland, in dem der Unternehmer ansässig ist, mit der EU eine Vereinbarung über steuerliche Mitteilungspflichten abgeschlossen hat. Dies trifft zum aktuellen Zeitpunkt nur für Norwegen zu.
Dem Drittstaatsunternehmer bleibt es aber unbenommen, einen in der EU ansässigen Vertreter vertraglich zu bestellen und diesen der zuständigen Finanzbehörde zu benennen.
Die Anzeige hat vor Leistungserbringung zu erfolgen. Die Teilnahme am IOSS-Verfahren ist mit Erteilung einer individuellen Identifikationsnummer an den Unternehmer oder dessen bestellten, im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Vertreter wirksam. Ändern sich die Angaben der Anzeige, ist dies der Finanzbehörde bis zum 10. Tag des auf den Monat der Änderung folgenden Monats mitzuteilen.
4.3 Abgabe von Umsatzsteuererklärungen und Steuerentrichtung
Der Unternehmer hat für jeden Besteuerungszeitraum (Kalendermonat) bis zum Ende des darauffolgenden Kalendermonats eine Umsatzsteuererklärung elektronisch zu übermitteln; selbst wenn in diesem Besteuerungszeitraum keine Fernverkäufe i. S. d. Tz. 4.1 getätigt wurden. Eine Dauerfristverlängerung scheidet aus. Die Umsätze sind getrennt für die betreffenden EU-Mitgliedstaaten zu erfassen und die Steuerschuld unter Anwendung des jeweiligen Steuersatzes selbst zu berechnen. Die Umsatzsteuer ist ebenfalls bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Monats an die zuständige Finanzbehörde zu entrichten. Die zusätzliche Einreichung einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung, wie im allgemeinen Besteuerungscerfahren ist hingege...