LfSt Bayern v. 19.5.2014, S 0317.1.1 - 3/3 St 42
Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften nutzen verstärkt das Onlinebanking-Verfahren. Kontoauszüge werden daher zunehmend in digitaler Form von den Banken an die Kunden übermittelt. Zudem sehen die allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking die Übermittlung von Kontoauszugsdaten häufig nur noch in elektronischer Form vor. Teilweise handelt es sich um Unterlagen in Bilddateiformaten (z.B. Kontoauszüge im tif- oder pdf-Format), teilweise auch um Daten in maschinell auswertbarer Form (z.B. als csv-Datei). Sofern eine elektronische Übermittlung der Kontoauszüge erfolgt, sind diese aufbewahrungspflichtig, da es sich hierbei um originär digitale Dokumente handelt. Der Ausdruck des elektronischen Kontoauszugs und die anschließende Löschung des digitalen Dokuments verstößt gegen die Aufbewahrungspflichten der §§ 146, 147 AO. Der Ausdruck stellt lediglich eine Kopie des elektronischen Kontoauszugs dar und ist beweisrechtlich einem originären Papierkontoauszug nicht gleichgestellt.
Gem. § 239 Abs. 4 HGB, § 146 Abs. 5 AO können Bücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen auch auf Datenträgern geführt werden. Die Form der Buchführung und das dabei angewandte Verfahren müssen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) entsprechen. Diese Grundsätze sind insbesondere auch für den Fall der maschinellen Weiterverarbeitung der Kontoauszugsdaten zu beachten.
Die ausschließlich digitale Aufbewahrung setzt nach den GoBS voraus, dass standardisierte Sicherheitsverfahren eingesetzt werden und die Verfahren und die vorhandenen Daten den Anforderungen der AO, den GoB und den GoBS in Bezug auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Unveränderbarkeit entsprechen.
Die in digitaler Form eingegangenen Unterlagen sind in dieser Form aufzubewahren und dürfen innerhalb der Aufbewahrungsfrist nicht verändert oder gelöscht werden. Hinsichtlich elektronischer Kontoauszüge müssen daher insbesondere folgende Kriterien erfüllt werden:
- Bei der Führung der Bücher und Aufzeichnungen auf Datenträgern muss sichergestellt sein, dass während der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar sind und unverzüglich lesbar gemacht werden können. Dies gilt auch für die Befugnisse der Finanzbehörde nach § 147 Abs. 6 AO (Datenzugriff).
- Aus der System- und Verfahrensdokumentation muss erkennbar sein, auf welche Weise elektronische Eingangsdokumente aufbewahrt, archiviert und weiterverarbeitet werden.
- Das zum Einsatz kommende DV-Verfahren muss die Gewähr dafür bieten, dass alle Informationen (Programme und Datenbestände), die einmal in den Verarbeitungsprozess eingeführt werden, erfasst werden und zudem nicht mehr unterdrückt oder ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder verfälscht werden können (§ 146 Abs. 4 AO). Bei originär digitalen Dokumenten muss hard- und softwaremäßig sichergestellt sein, dass während des Übertragungsvorgangs auf das Speichermedium eine Bearbeitung nicht möglich ist.
- Durch den Buchführungspflichtigen sind Verfahrenskontrollen zur Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Geschäftsvorfälle sowie deren Bestätigung (Autorisation) durchzuführen.
Die Übermittlung von Kontoumsatzdaten an den Bankkunden in auswertbaren Formaten (z.B. als xls- oder csv-Datei) dient in der Regel der maschinellen Weiterverarbeitung der Umsatzdaten im empfangenden System. Bei dieser Form der Übermittlung ist insbesondere die Unveränderbarkeit der empfangenen Daten von der Einspielung in das System bis zum erfassten und verarbeiteten Buchungssatz sicherzustellen. Soweit also Kontoinformationen in digitaler Form an DV-gestützte Buchführungssysteme übermittelt werden, sind sie dort aber – z.B. in Form von Buchungssatzvorschlägen – änderbar oder unterdrückbar, ist lediglich die digitale Aufbewahrung der xls- oder csv-Datei nicht ausreichend. Das eingesetzte System muss die Unveränderbarkeit der Daten bis zur buchungsmäßigen Verarbeitung des Geschäftsvorfalls gewährleisten und dies muss auch in der Verfahrensdokumentation entsprechend beschrieben werden.
Eine Alternative zu den dargestellten Anforderungen kann die Vorhaltung des Kontoauszugs beim Kreditinstitut mit jederzeitiger Zugriffsmöglichkeit während der Aufbewahrungsfrist des § 147 Abs. 3 AO sein.
Häufig weisen Kreditinstitute in ihren Geschäftsbedingungen zum Onlinebanking ihre Kunden darauf hin, die Anerkennung des elektronischen Kontoauszugs sei mit dem zuständigen Finanzamt abzuklären. Die Beachtung einer ordnungsmäßigen Buchführung liegt in allen Fällen in der Verantwortung des Steuerpflichtigen.
Im Privatkundenbereich (Steuerpflichtige ohne Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach § 145 AO ff.) besteht mit Ausnahme der Steuerpflichtigen i.S. des § 147a AO, für die obige Grundsätze sinngemäß gelten, keine Aufbewahrungspflicht für Kontoauszüge. Zur Aufbewahrung von privaten Belegen als Beweismittel im Besteuerungsverfahren, vgl. Karte 1 zu § 97 AO.