Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Die Überlassung von verfremdeten, erotischen Fotos über das Internet an Privatpersonen im Drittlandsgebiet ist bis zum 30.6.2003 eine im Inland steuerbare Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG.
Sachverhalt
Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung aus, so ist der Ort dieser sonstigen Leistung nach § 3a UStG zu prüfen. Wird dabei eine sonstige Leistung, die in § 3a Abs. 4 UStG aufgeführt ist, an eine Privatperson im Drittlandsgebiet ausgeführt, so ist der Ort der Leistung nach § 3a Abs. 3 Satz 3 UStG dort, wo der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz hat, die Leistung ist dann im Inland nicht steuerbar. Ist die Leistung nicht in § 3a Abs. 4 UStG aufgeführt (und auch nicht in § 3a Abs. 2 aufgeführt), so ist der Ort der sonstigen Leistung dort, wo der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt, § 3a Abs. 1 UStG.
Der Kläger stellte in 2001 über das Internet gegen Bezahlung verfremdete, erotische Fotos zur Verfügung (Leistungen über eine Pay-Site). Die Fotos wurden überwiegend von Privatpersonen aus dem Drittlandsgebiet abgerufen. Der Kläger behandelte die Leistungen als nicht steuerbar im Inland, da er der Auffassung war, dass die Leistungen im Drittlandsgebiet ausgeführt seien. Die Finanzverwaltung unterwarf die Leistungen nach einer Prüfung in Deutschland dem Regelsteuersatz.
Entscheidung
Das Finanzgericht Köln lehnte die Klage als unbegründet ab. Die Leistung unterliege in Deutschland der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass die Leistung - zumindest bis zum 30.6.2003 - nicht in § 3a Abs. 4 UStG aufgeführt ist. Der Kläger führte mit der Überlassung der Fotos im Internet keine unter das Urheberrechtsgesetz fallenden Leistungen (§ 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG) aus.
Auch fällt die Leistung nach Auffassung des Gerichts nicht unter die "Überlassung von Informationen" nach § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG. Grundsätzlich können Leistungen, die über das Internet ausgeführt wurden (bis zum 30.6.2003) unter die Regelung des § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG fallen, dazu müssen aber "Informationen" überlassen werden. Selbst wenn man einen weiter gefassten Inhalt des Begriffs der Information zugrunde legt, fallen unter diesen Begriff der Informationen jedoch nur solche Sammlungen von Tatsachen, die Erkenntnisse aller Art darstellen, wie z. B. Nachrichten ohne redaktionelle Bearbeitung, etwa Sportergebnisse etc. Bei der Überlassung von verfremdeten, erotischen Bildern liegen solche Informationen aber nicht vor. Damit unterliegt die Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG im Inland der Besteuerung. Da auch kein Ermäßigungstatbestand nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe b UStG vorliegt, kommt der Regelsteuersatz zur Anwendung.
Hinweis
Die Lösung des Finanzgerichts Köln kann nur Fälle betreffen, die bis zum 30.6.2003 ausgeführt worden sind. Danach traten durch die Änderungen der sog. E-Commerce-Richtlinie die §§ 3a Abs. 4 Nr. 14 und Abs. 3a UStG in Kraft. Danach sind Leistungen, die auf elektronischem Weg ausgeführt werden, Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 UStG. Damit richtet sich dann der Ort der sonstigen Leistung bei Ausführung an Unternehmer für dessen Unternehmen oder an Nichtunternehmer mit Wohnsitz/Sitz im Drittlandsgebiet nach der Ansässigkeit des Leistungsempfängers. Damit wären dann diese Leistungen ab dem 1.7.2003 im Drittlandsgebiet ausgeführt und somit im Inland nicht mehr steuerbar. Das Urteil kann somit nur noch für "Altfälle" relevant sein.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 22.11.2007, 15 K 3601/04