Leitsatz
1. Betriebliche Pensionsverpflichtungen aufgrund einer sog. Direktzusage, welche beim Veräußerer den steuerlichen Rückstellungsbeschränkungen nach § 6a EStG unterworfen sind, sind bei demjenigen Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs übernommen hat, nicht mit dem besonderen Teilwert nach § 6a Abs. 3 EStG, sondern als ungewisse Verbindlichkeit auszuweisen und von ihm – auch an den nachfolgenden Bilanzstichtagen – ausschließlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 16.12.2009, I R 102/08, BFH/NV 2010, 517, BStBl II 2011, 566, BFH/PR 2010, 123 und vom 14.12.2011, I R 72/10, BFH/NV 2012, 635, BFH/PR 2012, 147; entgegen BMF, Schreiben vom 24.6.2011, BStBl I 2011, 627).
2. Der letzte vororganschaftliche VZ ist nicht als unmittelbar vorangegangener VZ i.S.d. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG 1997 des ersten nachorganschaftlichen VZ anzusehen.
3. Eine unzulässige Hauptrevision kann in eine zulässige Anschlussrevision umgedeutet werden.
Normenkette
§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 6a, § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG 1997, § 613a BGB, § 1 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Satz 1, § 17 KStG 1999, § 56, § 121 Satz 1 FGO, § 554 ZPO
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Bewertung einer Pensionsrückstellung nach der entgeltlichen Übertragung der der Rückstellung zugrunde liegenden Pensionsverpflichtungen im Rahmen eines Betriebserwerbs sowie darüber, ob nach Beendigung einer Organschaft ein Verlustrücktrag in das letzte der Organschaft vorangehende Jahr möglich ist. Streitjahr ist 1999.
Die Klägerin, eine GmbH, erwarb mit einem Betriebsveräußerungsvertrag sowie einem Grundstückskaufvertrag 11./12.11.1999 von einer GmbH einen Betrieb und führte diesen fort. Die Arbeitsverhältnisse mit den übernommenen Arbeitnehmern gingen gem. § 613a BGB auf die Klägerin über. Die Klägerin übernahm hierbei auch die aufgrund von Pensionszusagen bestehenden Pensionsverpflichtungen. Diese Verpflichtungen bewerteten die Vertragsparteien auf den Übertragungsstichtag unter Berücksichtigung eines Abzinsungszinssatzes von 6 %, welche die veräußernde GmbH der Klägerin durch Kaufpreisverrechnung zu erstatten hatte.
1. Streitkomplex: Übernahme der Pensionsverpflichtungen
Ausgehend von entsprechenden Einbuchungen als laufende Geschäftsvorfälle zum Übertragungsstichtag wies die Klägerin in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.1999 für die übernommenen Pensionsverpflichtungen eine Pensionsrückstellung wie folgt aus: Der in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene Wertansatz mit den Anschaffungskosten wurde beibehalten. Erst wenn der versicherungsmathematische Teilwert diesen Wertansatz übersteige, sei eine Erhöhung der Pensionsrückstellung vorzunehmen.
Das FA beanstandete diesen Ansatz. Zwar sei die Pensionsrückstellung zum Zeitpunkt der Übernahme mit den Anschaffungskosten auszuweisen; bei einer entgeltlichen Übertragung bemesse sich der Teilwert nicht nach § 6a EStG, sondern nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. In der Folgebilanz zum 31.12.1999 gehe jedoch die Spezialvorschrift des § 6a EStG den allgemeinen Vorschriften wieder vor und sei die Pensionsrückstellung daher nur mit dem danach berechneten Teilwert anzusetzen. Hieraus ergab sich eine Gewinnerhöhung.
2. Streitkomplex: Verlustrücktrag aus dem Jahr 2003 nach zwischenzeitlicher Organschaft
Am 13.4.2000 schlossen eine AG als Organträgerin und die Klägerin als Organgesellschaft einen Ergebnisabführungsvertrag. Aufgrund dessen bestand zwischen den beiden Gesellschaften für die Jahre 2000 bis 2002 ein Organschaftsverhältnis i.S.v. §§ 14, 17 KStG. Dementsprechend wurde der AG als Organträgerin das von der Klägerin in den vorgenannten Jahren erzielte Einkommen zugerechnet und die Körperschaftsteuer Letzterer gegenüber mit 0 festgesetzt.
Im Jahr 2003 bestand die Organschaft nicht mehr. Dementsprechend wurde die Klägerin unter Zugrundelegung des von ihr erzielten Einkommens zur KSt veranlagt und ein Verlust festgestellt. Die Klägerin beantragte, diesen Verlust gem. § 10d Abs. 1 EStG in das Streitjahr zurückzutragen; da sie aufgrund des Organschaftsverhältnisses in den Jahren 2000 bis 2002 nicht selbstständig zur KSt veranlagt worden sei. Das FA lehnte das ab.
Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide blieb hinsichtlich des 2. Streitkomplexes erfolglos, war jedoch hinsichtlich des 1. Streitkomplexes bis auf eine rechnerische Differenz begründet (FG Münster, Urteil vom 15.6.2011, 9 K 1292/07 K, Haufe-Index 2768203, EFG 2012, 638).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt: Die übernommene Pensionsverpflichtungen seien nicht nur in der Eröffnungsbilanz, sondern auch nachfolgend zum 31.12. mit den Anschaffungskosten auszuweisen. Ein Verlustrücktrag in das erste Vor-Organschaftsjahr scheide hingegen aus.
Hinweis
Das Urteil umfasst – die drei Leitsätze verdeutlichen das – zwei voneinander unabhängige Streitpunkte sowie einen Verfahrensaspekt, und der Reihenfolge nach geht es dabei um Folgendes:
Erster Streitpun...