Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
3.1 Sachverhalt
A ist an 2 Personengesellschaften beteiligt. Zum einen ist er Gesellschafter der A & B oHG, die als Immobilienmakler tätig ist. Zum anderen ist er an der A & C GbR beteiligt, die als Versicherungsmakler tätig ist.
In 2020 hat er auf einem ihm gehörenden Grundstück, das er schon vor Jahren ohne Umsatzsteuer erworben hatte, ein Bürogebäude errichtet, in dem er u. a. ab dem 1.1.2021 auch Räume an seine Gesellschaften vermietet:
- An die A & B oHG vermietet er 200 m² zu einem Preis von 10 EUR/m². Bei der Festlegung der Miethöhe hat sich A insbesondere von der unsicheren weiteren Entwicklung der Gesellschaft leiten lassen, da derzeit unklar ist, wie sich der Immobilienmarkt entwickeln wird.
- An die A & C GbR vermietet er 300 m² zu einem monatlichen Mietzins von 18 EUR/m². Aufgrund der guten Marktstellung der GbR war A der Auffassung, dass er diesen Mietzins verlangen kann. Sein Mitgesellschafter C hatte gegen die Miethöhe nichts einzuwenden, da er selbst aus der entgeltlichen Überlassung eines Mandantenstamms ein leicht überhöhtes Entgelt berechnet.
Gegenüber fremden Dritten berechnet A in dem insgesamt 1.000 m² großen Gebäude, für das er insgesamt Herstellungskosten von (netto) 3 Mio. EUR aufgewendet hatte, pro m² monatlich 15 EUR. In den Mietbeträgen sind die umlagefähigen Nebenkosten jeweils mit angemessenen 3 EUR/m² enthalten.
A rechnet zutreffend mit ca. 5 EUR/m² an umlagefähigen und nicht umlagefähigen Nebenkosten, die dem Grunde nach den Vorsteuerabzug zulassen.
3.2 Fragestellung
A möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen sich für ihn aus der Vermietung der Räume an die beiden Gesellschaften ergeben, wenn er soweit wie möglich auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze verzichten möchte.
3.3 Lösung
A ist mit der Vermietung unternehmerisch tätig, da er die Vermietung selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht betreibt. Zum Rahmen seines Unternehmens gehört die Vermietung des Gebäudes.
Die Vermietung stellt eine sonstige Leistung dar, die am Grundstücksort ausgeführt ist. Die Vermietungsleistungen werden auch alle entgeltlich ausgeführt, sodass sie steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind. Dabei kommt es auch bei der Vermietung gegenüber den Gesellschaften, an denen er selbst beteiligt ist, nicht darauf an, ob das Entgelt marktüblich ist oder nicht. Die Vermietung ist aber nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG eine steuerfreie Leistung, für die A unter den Voraussetzungen des § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten kann.
Die Option setzt nach § 9 Abs. 1 UStG voraus, dass die Leistung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Sowohl die oHG wie auch die GbR sind als rechtsfähige Personengesellschaften grundsätzlich unternehmerfähig und im vorliegenden Fall auch jeweils als Unternehmer tätig. Dabei ist es unbeachtlich, ob sie vorsteuerabzugsberechtigt sind oder nicht. A kann damit bei der Vermietung gegenüber beiden Gesellschaften auf die Steuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 UStG verzichten.
Der Verzicht auf die Steuerbefreiung setzt aber – zumindest bei Neubauten – weiterhin voraus, dass der Mieter für die ihm gegenüber ausgeführte Vermietungsleistung zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Die oHG führt als Immobilienmakler selbst steuerbare und steuerpflichtige Leistungen aus und ist somit für die ihr gegenüber ausgeführten Vermietungsleistungen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Die GbR führt als Versicherungsvermittler steuerbare, aber nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreie Vermittlungsleistungen aus, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausschließen. Damit kann A bei der Vermietung gegenüber der oHG auf die Steuerbefreiung zulässigerweise verzichten, die Vermietungsleistung gegenüber der GbR ist zwingend steuerfrei auszuführen.
Option abhängig vom Baujahr
Die Beschränkung der Optionsmöglichkeit nach § 9 Abs. 2 UStG ist abhängig vom Baujahr des Gebäudes. Wäre bei dem Gebäude mit dem Bau schon vor dem 11.11.1993 begonnen worden und wäre es auch bis zum 31.12.1997 fertig gestellt worden, wäre die Vorsteuerabzugsberechtigung des Mieters nicht entscheidungserheblich gewesen. Soweit es sich um Räume handelt, die nicht für Mietwohnzwecke oder andere nichtunternehmerische Zwecke in der Endnutzung verwendet werden, wäre die Option auch bei Vorsteuerausschluss beim Mieter rechtlich möglich. Da die Umsatzsteuer des Vermieters aber dann Kosten des Mieters darstellt (oder zulasten des Vermieters geht), ist die Option in der Praxis wirtschaftlich nicht sinnvoll.
Die Bemessungsgrundlage für die steuerfreie Vermietung an die GbR beträgt monatlich (300 m² × 18 EUR/m² =) 5.400 EUR. Dass die GbR einen Mietzins zahlt, der über dem marktüblichen Entgelt von 15 EUR/m² liegt, ist unerheblich. Im vorliegenden Fall ist es für den leistenden Unternehmer wegen der Steuerfreiheit der von ihm ausgeführten Leistung zwar wirtschaftlich unerheblich, aber auch bei Steuerpflicht würde ein über dem marktüblichen Entgelt liegender Mietzins für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage herangez...