LfSt Bayern v. 13.12.2005, S 0166 - 3 St 41 N
1. Allgemeines
Erstattungs- und Vergütungsansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis können gepfändet werden (§ 46 Abs. 1 AO). Für die Pfändung durch private Gläubiger gelten die Vorschriften der §§ 829 ff. ZPO, für behördliche Pfändungs- und Einziehungsverfügungen bei öffentlich-rechtlichen Forderungen die entsprechenden Vollstreckungsgesetze des Bundes bzw. des Landes. Darüber hinaus sind die aus § 46 AO sich ergebenden Einschränkungen zu beachten. Die Überleitung von Erstattungsansprüchen nach § 90 BSHG hat die Wirkung einer Abtretung (BFH vom 23.2.1988, BStBl 1988 II S. 500).
2. Pfändbare Ansprüche
Vgl. entsprechend LfSt Bayern 13.12.2005, S 0166 – 2 St 41 N, Tz 2.
3. Wirksamkeit eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
Die Pfändung erfolgt durch einen Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts (§ 829 ZPO). Dieser bewirkt die Belastung des Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs mit einem Pfandrecht. Zur Verwirklichung des Anspruchs muss darüber hinaus der gepfändete Anspruch zur Einziehung oder an Zahlungs statt dem Gläubiger überwiesen werden (§ 835 ZPO). In der Praxis wird die Überweisung regelmäßig mit der Pfändung verbunden (Pfändungs- und Überweisungsbeschluss). Voraussetzung für die Wirksamkeit ist ein wirksamer Pfändungsbeschluss, dessen wirksame Zustellung, die Erstattungsberechtigung des Pfändungsschuldners und die Verfügbarkeit des gepfändeten Anspruchs.
3.1. Inhaltliche Voraussetzungen
Der Pfändungsbeschluss muss den Pfändungsgläubiger und Pfändungsschuldner, den Drittschuldner (Tz 3.2), den vollstreckbaren Anspruch und den gepfändeten Anspruch genau bezeichnen. Pfändungsgläubiger und -schuldner müssen i.d.R. mit Vor- und Familienname, Beruf oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung bezeichnet werden. Ungenaue oder fehlerhafte Bezeichnungen sind nur dann unschädlich, wenn die Feststellung der Identität dennoch zweifelsfrei gewährleistet ist. Der vollstreckbare Anspruch des Pfändungsgläubigers muss nach Vollstreckungstitel und Betrag (Hauptforderung zuzüglich Zinsen und Kosten) bezeichnet sein, weil sich danach der Umfang des Pfandrechts und der Einziehungsbefugnis bestimmt. Zur Bezeichnung des gepfändeten Anspruchs vgl. LfSt Bayern 13.12.2005, S 0166 – 2 St 41 N, Tz 3.1.
3.2. Bezeichnung des Drittschuldners/Zuständiges FA
Nach § 46 Abs. 7 AO gilt die Finanzbehörde, die über den Anspruch zu entscheiden hat, als Drittschuldner nach §§ 829, 845 ZPO. Dies ist das nach den steuerlichen Zuständigkeitsbestimmungen sachlich (§ 16 AO, § 17 Abs. 2 FVG i.V.m. der Zuständigkeitsverordnung) und örtlich (§ 17 ff. AO) für den Pfändungsschuldner zuständige FA, in München das entsprechende Veranlagungsfinanzamt.
Diese Finanzbehörde muss im Beschluss so eindeutig bezeichnet werden, dass eine genaue Bestimmung möglich und eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Schreibfehler und ähnliche fehlerhafte Bezeichnungen, die keinen Zweifel am richtigen Empfänger aufkommen lassen, sind unschädlich. Auch die Außenstelle eines Finanzamts kann, ebenso wie das Stammfinanzamt selbst, als Drittschuldner angegeben werden, wenn der Pfändungsschuldner bei der Außenstelle erfasst ist. Die Bezeichnung „FA München” ist aber, selbst bei einer Zustellung an das zutreffende FA, nicht ausreichend.
Für die Bestimmung des zuständigen FA kommt es auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an. War bereits vor diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit nach den Vorschriften des § 26 AO auf ein anderes FA übergegangen oder war das FA nie zuständig, ist er nicht wirksam geworden und darf auch nicht an das zuständige FA weitergeleitet werden (vgl. Tz. 5.2). Ändert sich die Zuständigkeit nach der Zustellung des Beschlusses, geht die sich daraus ergebende Verpflichtung auf das neue FA über. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist mit den Steuerakten an das neu zuständig gewordene FA abzugeben. Wird der Pfändungsschuldner beim FA (noch) nicht geführt, kann eine im Beschluss angegebene, im Zuständigkeitsbereich des FA liegende neue Anschrift des Stpfl. die Kenntnis des die Zuständigkeitsveränderung begründenden Umstandes nach § 26 Satz 1 AO auslösen.
3.3. Entstehung des gepfändeten Anspruchs
Weitere Voraussetzung für einen wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist, dass er nicht erlassen wurde, bevor der zu pfändende Anspruch nach § 38 AO entstanden ist. Erstattungs- und Vergütungsansprüche entstehen grundsätzlich mit Ablauf des Veranlagungs-, Vorauszahlungs-, Voranmeldungs- oder Erhebungszeitraums.
Ist der Erstattungsanspruch auf eine fehlerhafte Jahres-Steuerfestsetzung zurückzuführen, entsteht der Erstattungsanspruch in dem Zeitpunkt, in dem die zu hoch festgesetzte Steuer aufgrund des unzutreffenden Bescheids beglichen worden ist (vgl. BFH vom 26.4.1994, BFH/NV S. 839).
Beispiel:
Die materiell-rechtlich unzutreffende Veranlagung zur Einkommensteuer führt zu einer Steuernachzahlung in Höhe von 2.000 EUR für den Veranlagungszeitraum 01, die vom Steuerpflichtigen am 10.8.02 beglic...