Leitsatz

Wer in einem Wohn- und Pflegeheim untergebracht ist, kann die ihm gesondert in Rechnung gestellten Pflegesätze, die das Heim mit dem Sozialhilfeträger für pflegebedürftige Personen der sog. Pflegestufe 0 vereinbart hat, als außergewöhnliche Belastung abziehen.

 

Normenkette

§ 33 EStG

 

Sachverhalt

Die 1927 geborene Klägerin zog 1985 auf ärztliches Anraten in ein Alten- und Pflegeheim. Da ihr Hilfebedarf nicht mindestens eineinhalb Stunden täglich betrug, waren die Voraussetzungen der Pflegestufe I und damit die Übernahme der Pflegekosten durch die Pflegekasse nicht gegeben.

Das FA lehnte die Berücksichtigung der neben den Unterbringungs- und Verpflegungskosten gesondert in Rechnung gestellten Pflegesätze der Pflegestufe 0 von rund 12.000 DM für das Jahr 1999 ab. Das FG gab der Klage statt (EFG 2005, 1773).

 

Entscheidung

Da die Zuordnung zu einer Pflegestufe nicht Voraussetzung für den Abzug als außergewöhnliche Belastung ist und bei gesonderter Abrechnung der Pflegesätze der Pflegestufe 0 grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Pflegebedürftigkeit gegeben ist und dem Pflegesatz entsprechende Pflegeleistungen tatsächlich erbracht wurden, waren die geltend gemachten Pflegesätze zu berücksichtigen.

 

Hinweis

Die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Heim gehören regelmäßig zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung. Sie sind bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten und können nicht darüber hinaus als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Anders ist es, wenn Aufwendungen für die Pflege entstehen. Diese sind ebenso wie Krankheitskosten nach § 33 EStG abziehbar.

Bei einer Heimunterbringung können die tatsächlich angefallenen Pflegekosten jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn sie von den Kosten für die Unterbringung abgrenzbar sind, wenn sie also zusätzlich zu dem Pauschalentgelt für die Unterbringung und eine eventuelle Grundpflege anfallen. Werden mit dem Entgelt für die Unterbringung dagegen pauschal auch Pflegeleistungen abgegolten, kann der Pauschalbetrag nicht in übliche Lebensführungskosten und außergewöhnliche Krankheits-/Pflegekosten aufgeteilt werden.

Ausnahmsweise können auch die gesamten Unterbringungskosten bzw. das Pauschalentgelt – abzüglich einer Haushaltsersparnis – als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, wenn die Unterbringung in einem Altenheim durch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit veranlasst ist. Die Verwaltung lässt den Abzug auch dann zu, wenn die Krankheit oder Pflegebedürftigkeit erst nach dem Einzug in das Heim eintritt (BMF, Schreiben vom 20.1.2003, BStBl I 2003, 89). Voraussetzung ist jedoch nach Verwaltungsauffassung in jedem Fall, dass mindestens Pflegestufe I nach §§ 15, 15 SGB XI besteht oder dass die gesundheitlichen Behindertenmerkmale "blind" oder "hilflos" nach SGB IX festgestellt sind.

Die Heimträger vereinbaren mit den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie die täglichen Pflegesätze für die stationären Pflegeleistungen und für medizinische Behandlungspflege und soziale Betreuung für die Pflegeklassen I – III, die von den Heimbewohnern bzw. von der Pflegekasse aufzubringen sind. Die Pflegeeinrichtungen können mit dem Sozialhilfeträger auch Pflegesätze für Pflegeleistungen unterhalb der Pflegestufe I vereinbaren. Diese Pflegesätze der sog. Pflegestufe 0 sind von den Pflegebedürftigen, die keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, selbst zu tragen. Sie werden von den Pflegekassen nicht übernommen. Die Pflegestufe 0 betrifft Personen, die auf Pflegeleistungen angewiesen sind, deren Pflegebedürftigkeit jedoch nicht den Umfang der Pflegestufe I erreicht.

Der BFH stellt den Grundsatz auf, dass die mit dem Sozialhilfeträger ausgehandelten Pflegesätze der Pflegestufe 0, die dem Heimbewohner neben den Vergütungen für die Unterbringung und Verpflegung gesondert in Rechnung gestellt werden, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Entscheidend für diese Betrachtung ist, dass die Pflegesätze nach der Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit bemessen werden und leistungsgerecht sein müssen. Werden dem Heimbewohner nach diesen Grundsätzen ausgehandelte Pflegesätze in Rechnung gestellt, ist daher davon auszugehen, dass er pflegebedürftig war und das Heim entsprechend erforderliche Pflegeleistungen tatsächlich erbracht hat.

Für die Abziehbarkeit dieser Pflegesätze ist deshalb regelmäßig ein weiterer Nachweis nicht erforderlich.

Dass mit den Pflegesätzen neben den stationären Pflegeleistungen und der medizinischen Behandlungspflege auch die soziale Betreuung vergütet wird, steht der Abziehbarkeit nicht entgegen. Denn im Allgemeinen steht die soziale Betreuung mit den Pflegeleistungen in untrennbarem Zusammenhang. Darüber hinausgehende soziale Betreuungsleistungen sind im Regelfall von untergeordneter Bedeutung.

Da es im Streitfall lediglich um die Abziehbarkeit der Pflegesätze ging, hat sich der BFH nicht zu der kontrovers diskutierten Frage geäußert, ob bei einer pflegebedingten Heimunte...

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