Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
Die vom Großen Senat des BFH im Beschluss vom 7.8.2000 GrS 2/99 (BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632) für die phasengleiche Bilanzierung von Gewinnansprüchen bei mehrheitlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch, wenn Gesellschafter der Kapitalgesellschaft bilanzierende Einzelunternehmer oder Personengesellschaften sind. Sie gelten auch für den Fall, dass sich die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Folge einer Betriebsaufspaltung im Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters einer Personengesellschaft befindet. Die Rechtsgrundsätze sind auch für Bilanzstichtage nach In-Kraft-Treten des Bilanzrichtlinien-Gesetzes anzuwenden.
Normenkette
§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 15 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Rechtsnachfolger einer OHG. Diese hatte ihre Betriebsgrundstücke im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an eine GmbH verpachtet. Am Vermögen und am Gewinn der OHG waren W und der Kläger mit 50 %, am Stammkapital der Betriebs-GmbH waren W mit 47,11 % und der Kläger mit 52,89 % beteiligt. Die Bilanz der OHG zum 31.12.1989 wurde am 3.5.1990 testiert. Die GmbH-Anteile sind in Sonderbilanzen für die Gesellschafter als notwendiges Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen.
Die Gewinnansprüche gegenüber der GmbH für das Wirtschaftsjahr 1989 sind in diesen Bilanzen nicht aktiviert. In den jeweiligen Sondergewinn- und -verlustrechnungen sind die Gewinnausschüttungen der GmbH für 1988 enthalten. Im Bilanzbericht vom 4.5.1990 zum Jahresabschluss 1989 der GmbH ist u.a. ausgeführt, der Kläger werde der Gesellschafterversammlung vorschlagen, einen Gewinn in Höhe von brutto 937500 DM auszuschütten. Die Bilanz der GmbH wurde am 7.5.1990 testiert. Die vorgeschlagene Gewinnausschüttung wurde am 11.6.1990 beschlossen.
Das FA meinte, die 1990 beschlossene Gewinnausschüttung müsse bereits in der Sonderbilanz zum 31.12.1989 erfasst werden. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision des FA blieb erfolglos.
Entscheidung
Die OHG musste die 1990 beschlossene Gewinnausschüttung erst in den für ihre Gesellschafter zu erstellenden Sondergewinn- und -verlustrechnungen 1990 erfolgswirksam erfassen.
Mit Beschluss vom 7.8.2000 (GrS 2/99, BStBl II 2000, 632) hat der Große Senat des BFH entschieden, dass eine Kapitalgesellschaft, die mehrheitlich an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, Dividendenansprüche aus einer zum Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung der nachgeschalteten Gesellschaft grundsätzlich nicht aktivieren kann. Eine Ausnahme gelte nur für den Fall, dass am Bilanzstichtag der ausschüttungsfähige Gewinn den Gesellschaftern bekannt sei und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Umstände nachgewiesen sei, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen gewesen seien, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Diese Voraussetzungen seien – von äußerst seltenen Fällen abgesehen – regelmäßig nicht gegeben. Deshalb trage die objektive Beweislast für das Vorliegen solcher Ausnahmefälle derjenige, der sich zu seinen Gunsten auf die phasengleiche Aktivierung berufe.
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine Personengesellschaft oder ein bilanzierender Einzelunternehmer ist. Die vom Großen Senat entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch für den Fall, dass sich die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft infolge einer Betriebsaufspaltung im Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter einer Personengesellschaft befindet.
Hinweis
1. Wie nicht anders zu erwarten, wendet der BFH im Besprechungsurteil die vom Großen Senat des BFH im Beschluss vom 7.8.2000 (GrS 2/99, BStBl II 2000, 633) für die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft entwickelten Grundsätze zur phasengleichen Aktivierung auch auf den Fall an, dass ein Personenunternehmen Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist.
2. Im Streitfall bestand die Besonderheit, dass die Anteile an einer Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft) zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter einer Personengesellschaft (Besitzgesellschaft) gehörten. In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die Gewinnermittlung für die Sonderbilanz – nicht anders als für die Steuerbilanz der Gesellschaft – nach § 5 EStG (und nicht nach § 4 Abs. 3 EStG) vorzunehmen ist (grundlegend: BFH, Beschluss vom 3.5.1993, GrS 3/92, BStBl II 1993, 616; L. Schmidt, 19. Auflage, § 15 Rz. 475, m.w.N.).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 31.10.2000, VIII R 85/94