OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 13.1.2016, S 2130 - 2011/0003 - St 146
1. Photovoltaikanlagen
1.1 Allgemeines
Nach dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien – aktuell gültige Fassung EEG 2014 (BGBl 2014 I, 1066) in Kraft getreten am 1.8.2014 – sind Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien unverzüglich vorrangig an ihr Netz anzuschließen, den gesamten aus diesen Anlagen angebotenen Strom vorrangig abzunehmen und den übernommenen Strom mindestens in gesetzlich festgelegter Höhe zu vergüten. Die Höhe der Vergütung für Strom aus solarer Strahlungsenergie regeln § 37 und § 38 EEG 2014. Sie ist vor allem abhängig von der Leistung der Anlage, seit 2012 im Allgemeinen aber so niedrig, dass der Betreiber den selbst erzeugten Strom in der Regel nur insoweit in das öffentliche Netz einspeist, wie er nicht in dem Gebäude selbst verbraucht wird.
1.1.1 Einkunftsart, Betriebseinnahmen
Steuerpflichtige, die Photovoltaikanlagen betreiben und damit Strom erzeugen, erzielen hieraus – unter der Voraussetzung des Bestehens einer Gewinnerzielungsabsicht – in Höhe der vom Abnehmer/Netzbetreiber gewährten Vergütung Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Eine Nutzung einer Photovoltaikanlage durch vollständigen Eigenverbrauch des erzeugten Stroms ist nach dem aktuellen Stand der Technik noch nicht wirtschaftlich umsetzbar. Zurzeit ist eine Nutzung an Ort und Stelle zwischen 60 und 80% möglich.
Erwirbt ein Steuerpflichtiger, der bereits einen Gewerbebetrieb unterhält, eine Photovoltaikanlage, kann es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb oder zwei selbstständig voneinander zu betrachtende Gewerbebetriebe handeln. Für die Abgrenzung gelten die gewerbesteuerlichen Grundsätze (R 2.4 GewStR); maßgebend ist das Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung. Bei ungleichartigen Tätigkeiten und dem Fehlen organisatorischer und wirtschaftlicher Verflechtungen stellt der Betrieb der Photovoltaikanlage trotz örtlicher Verbindung einen eigenständigen Gewerbebetrieb dar (BFH vom 24.10.2012, X R 36/10, BFH/NV 2013 S. 252).
Ob Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, ist im Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung der individuellen Leistungsdaten der Anlage, der erhaltenen Fördermittel, der vorgenommenen Investitionen und deren Finanzierung zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die nach dem EEG zu gewährenden Einspeisevergütungen abhängig vom jeweiligen Jahr der Inbetriebnahme der Anlage gesunken sind und der Netzbetreiber die zusätzliche Eigenverbrauchsvergütung letztmalig bei Dachanlagen zahlt, für die vor dem 24.2.2012 ein Netzanschlussbegehren gestellt wurde und die bis zum 30.6.2012 in Betrieb genommen worden sind.
Hinsichtlich des für private Zwecke verbrauchten Stroms ist eine nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme anzusetzen. Der Teilwert bestimmt sich grundsätzlich nach den anteiligen Herstellungskosten des selbst verbrauchten Stroms, zu denen auch die ertragsteuerlichen Abschreibungen und Finanzierungskosten gehören. Aus Vereinfachungsgründen kann der Entnahmewert für den Strom in Anlehnung an den Strompreis für aus dem Netz des Energieversorgers bezogenen Strom geschätzt werden.
1.2 Betriebsvorrichtung oder unselbständiger Gebäudebestandteil
Die Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen richtet sich ertragsteuerrechtlich grundsätzlich nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 5.6.2013 (BStBl 2013 I S. 734). Danach fallen unter den Begriff Betriebsvorrichtung alle Vorrichtungen, mit denen ein Gewerbe unmittelbar betrieben wird.
Photovoltaikanlagen, die als sogenannte Aufdachanlagen mit einer Unterkonstruktion auf das Dach aufgesetzt werden, dienen ganz dem Gewerbebetrieb der Stromerzeugung und sind daher regelmäßig als Betriebsvorrichtungen, somit als selbständige, bewegliche Wirtschaftsgüter anzusehen.
Ungeachtet der bewertungsrechtlichen Zuordnung zu den Gebäudebestandteilen sind nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder auch dachintegrierte Photovoltaikanlagen für ertragsteuerliche Zwecke „wie” Betriebsvorrichtungen als selbständige, bewegliche Wirtschaftsgüter zu behandeln. Dies gilt nur für das Photovoltaikmodul selbst. Nicht zur Photovoltaikanlage, sondern zum Gebäude gehört dagegen die Dachkonstruktion. Die darauf entfallenden Aufwendungen sind daher dem Gebäude entweder als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder als Erhaltungsaufwendungen zuzurechnen.
1.2.1 Absetzungen für Abnutzung
Photovoltaikanlagen haben nach der amtlichen AfA-Tabelle eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren (vgl. amtliche AfA-Tabelle vom 15.12.2000, BStBl 2000 I S. 1532, lfd. Nr. 3.1.6). Für vor dem 1.1.2008 bzw. zwischen dem 1.1.2009 und 31.12.2010 angeschaffte oder hergestellte Anlagen konnte anstelle der linearen AfA auch die degressive AfA nach § 7 Abs. 2 EStG angesetzt werden.
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