5.1 Orientierungspraktikum
5.1.1 Definition und Voraussetzungen
Ein Orientierungspraktikum dient zur Orientierung vor der Aufnahme einer Berufsausbildung oder eines Studiums und ist auf eine Dauer von bis zu 3 Monaten begrenzt. Diese Höchstdauer muss nicht zusammenhängend erfüllt werden; das Praktikum kann auch in mehreren Abschnitten absolviert werden, solange diese sachlich und zeitlich zusammenhängen. Der Hauptzweck des Orientierungspraktikums ist es, den Praktikanten einen Einblick in den angestrebten Beruf oder das Studienfach zu gewähren, ohne eine langfristige Verpflichtung einzugehen.
Ein solches Praktikum ist zulässig, wenn es im zeitlichen Vorfeld einer Ausbildung oder eines Studiums stattfindet, nicht währenddessen. Es eignet sich auch für Personen, die sich nach einem Studien- oder Ausbildungsabbruch neu orientieren oder vor dem Beginn einer weiteren Ausbildung oder eines Studiums nach bereits absolvierten Bildungswegen. Entscheidend ist, dass das Praktikum inhaltlich mit dem angestrebten Studium oder der Berufsausbildung zusammenhängt und dass eine Zulassung zu diesen in absehbarer Zeit realistisch ist. Diese Voraussetzung ist jedoch sehr weit zu sehen und soll keine allzu große Hürde darstellen. Ob der Praktikant letztlich das Studium oder die Ausbildung aufnimmt, ist für ein Orientierungspraktikum irrelevant.
Um das Orientierungspraktikum von einem regulären Arbeitsverhältnis abzugrenzen, ist die Intention entscheidend: Dient das Praktikum dem Erwerb eines Einblicks in die angestrebte berufliche Tätigkeit, liegt ein Orientierungspraktikum vor. Ersetzt der Praktikant jedoch einen fehlenden Arbeitnehmer, spricht dies eher für ein Arbeitsverhältnis. Die Eingliederung in den Betrieb oder feste Arbeitszeiten schließen ein Orientierungspraktikum jedoch nicht aus.
5.1.2 Praktikumsvertrag mit Hinweisen/Tipps zur Vertragsgestaltung
Wie auch andere Praktikantenverträge kommt der Orientierungspraktikantenvertrag nach den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Bestimmungen zustande. Das Orientierungspraktikum wird als freiwilliges Praktikum durch § 26 BBiG abgedeckt, wodurch die Vorschriften der §§ 10 bis 25 BBiG anwendbar sind – mit Ausnahme der Absätze 2 bis 5 des § 17 BBiG. Bei der Vertragsgestaltung sind folgende Punkte besonders zu beachten:
- Eine Niederschrift in Textform des Praktikumsvertrags ist nach § 26 BBiG nicht erforderlich, jedoch aus Beweisgründen empfohlen.
- Eine vertragliche Probezeit kann vereinbart und gemäß § 26 BBiG gekürzt werden.
- Bei vorzeitiger Vertragsauflösung kann kein Schadensersatz gefordert werden.
- Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des § 26 und § 10 Abs. 2 BBiG gelten, es sei denn, das BBiG legt andere Regelungen fest.
- Der Vertrag ist naturgemäß auf maximal 3 Monate befristet, eine kürzere Laufzeit kann jedoch vereinbart werden.
- Die Pflichten des Praktikanten und des Praktikumsgebers sind in den §§ 13 bzw. §§ 14–16 BBiG festgelegt.
Befristung und wiederholte Praktika
Die Dauer des Praktikums ist auf 3 Monate begrenzt, kann aber unterbrochen und in mehreren Abschnitten absolviert werden, sofern ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.
Mehrere Orientierungspraktika im gleichen Bereich
Probleme können entstehen, wenn derselbe Praktikant beim selben Arbeitgeber mehrere Orientierungspraktika durchführen möchte. Ist die Gesamtdauer dieser Praktika länger als 3 Monate und hat der Praktikant zwischen den Praktika keine Ausbildung oder ein Studium begonnen, muss der Arbeitgeber den Praktikanten wie einen freiwilligen Praktikanten vergüten, um Missbrauch zu vermeiden. Dies soll dem Schutz des Praktikanten dienen, sodass dieser nicht durch sich wiederholende Orientierungspraktika keine Vergütung erhält.
Die Dreimonatsbefristung schließt jedoch nicht aus, dass der Praktikant in einem völlig anderen Bereich erneut ein Orientierungspraktikum beim gleichen Arbeitgeber beginnt. Eine solche Flexibilität ist wichtig, um dem Praktikanten umfassende berufliche Orientierungsmöglichkeiten zu bieten, ohne durch den Mindestlohn eingeschränkt zu werden.
Allgemeine rechtliche Bestimmungen
Wie bei allen privatrechtlichen Verträgen sind die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere die §§ 307 ff. BGB (bei Vertragsmustern), zu beachten. Ist der Praktikant minderjährig, müssen zusätzlich die Vorschriften der §§ 104 ff. BGB und sonstige für minderjährige Praktikanten relevanten Vorschriften beachtet werden.