Dr. Madelaine Isabelle Baade
Als Alternative zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit vorgeschalteter Probezeit bietet sich die Möglichkeit, zum Zwecke der Erprobung ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis abzuschließen (echtes Probearbeitsverhältnis). Zwischen beiden Alternativen bestehen erhebliche Unterschiede.
4.2.1 Rechtsnatur und Wirkung
Das echte, befristete Probearbeitsverhältnis unterscheidet sich zunächst in der rechtlichen Konstruktion grundlegend vom unbefristeten Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit:
Beim unbefristeten Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit ist die Probezeit im rechtlichen Sinne eigentlich nicht "vorgeschaltet", sondern in das von Anfang an unbefristet geschlossene Arbeitsverhältnis als eine besondere Zeitspanne mit abgekürzten Kündigungsfristen integriert. Demgegenüber wird das befristete Probearbeitsverhältnis als ein eigenständiges Rechtsverhältnis zum Zwecke der Erprobung begründet. Grundsätzlich läuft es mit Erreichen des vereinbarten Termins aus. Für den Fall, dass die Erprobung negativ verläuft, bedarf es keiner Kündigung.
In diesem Punkt liegt ein Vorteil, der mit dem Abschluss eines befristeten Probearbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber verbunden sein kann: Da es keiner Kündigung bedarf, kann auch der hieran anknüpfende besondere Kündigungsschutz nicht greifen.
Eine Arbeitnehmerin, die während des befristeten Probearbeitsverhältnisses schwanger wird, kann sich bezüglich des vereinbarten Endtermins nicht auf das Kündigungsverbot des § 17 MuSchG berufen. Denn das Arbeitsverhältnis endet mit Erreichen des Befristungstermins ohne Kündigung – sofern die Befristung wirksam ist.
Soll das Arbeitsverhältnis über den vereinbarten Endtermin fortgesetzt werden, so bedarf es grundsätzlich des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages bzw. einer Vereinbarung darüber, dass das Arbeitsverhältnis (nunmehr als unbefristetes) fortgesetzt wird.
§ 15 Abs. 6 TzBfG beachten!
Wird ein (befristetes) Arbeitsverhältnis nach dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen worden ist, vom Arbeitnehmer mit Wissen des anderen Teils (Arbeitgeber) fortgesetzt, so gilt es gemäß § 15 Abs. 6 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der Arbeitgeber unverzüglich widerspricht.
Während die inhaltsgleiche Regelung des BGB "vertragsdispositiv" war und deshalb im Arbeitsvertrag abbedungen werden konnte, kann von der Regelung des § 15 Abs. 6 TzBfG nach der ausdrücklichen Anordnung des § 22 Abs. 1 TzBfG nicht mehr abgewichen werden.
4.2.2 Gestaltungsmöglichkeiten des TzBfG
Das seit dem 1.1.2001 geltende Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) enthält eine umfassende gesetzliche Regelung des Rechts der Befristung von Arbeitsverhältnissen. Dieses Gesetz ist auch für das befristete Probearbeitsverhältnis maßgebend. Für den Erprobungsfall bietet es 2 unabhängig voneinander in Betracht kommende Möglichkeiten:
Zum einen enthält es die Möglichkeit der erleichterten Befristung ohne Sachgrund unter § 14 Abs. 2 und Abs. 2a TzBfG. Es ist also grundsätzlich möglich, ein Arbeitsverhältnis zu befristen, ohne dass hierfür ein Sachgrund erforderlich wäre, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 oder Abs. 2a TzBfG erfüllt sind.
Zum anderen ergibt sich die Möglichkeit der sog. Sachgrundbefristung gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG. Unter den sog. Regelbeispielen des § 14 Abs. 1 TzBfG ist "die Befristung zum Zwecke der Erprobung" ausdrücklich als Sachgrund zur Rechtfertigung einer Befristungsabrede aufgezählt.
4.2.2.1 Erleichterte Befristung ohne Sachgrund gemäß § 14 Abs. 2 oder Abs. 2a TzBfG
Unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen ist der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags bis zur Maximaldauer von 2 Jahren möglich, ohne dass die Befristung eines sachlichen Grundes oder der Erfüllung sonstiger besonderer Voraussetzungen bedurfte. Gemäß § 14 Abs. 2 Sätze 1 und 2 TzBfG ist es zulässig, einen Arbeitsvertrag
- ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes
- bis zur Dauer von 2 Jahren zu befristen bzw.
- einen zunächst kürzer befristeten Arbeitsvertrag innerhalb der 2-jährigen Höchstbefristungsdauer höchstens dreimal zu verlängern,
- sofern mit demselben Arbeitgeber zuvor noch kein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Das BAG hatte dieses Vorbeschäftigungsverbot mit Urteil vom 6.4.2011 dahingehend eingeschränkt, dass eine erneute sachgrundlose Befristung zulässig sein soll, wenn ein vorausgegangenes Arbeitsverhältnis mehr als 3 Jahre zurücklag. Diese Einschränkung hat das BVerfG mit Urteil vom 6.6.2018 allerdings für unzulässig erklärt. Die pauschale Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots auf 3 Jahre überschreite angesichts des gesetzgeberischen Hintergrundes – den Schutz vor Kettenbefristungen und das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regel – die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung. Laut BVerfG sollen die Arbeitsgerichte allerdings weiterhin in der Lage sein, das Vorbeschäftigungsverbot in besonderen Fällen durch verfassungskonforme Auslegung einzuschränken, insbesondere wenn eine Vorbeschäftigung...