Leitsatz
Ein Promotionsdienstverhältnis stellt keine Berufsausbildung dar (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EstG). Die während dieser Zeit erzielten Einkünfte bleiben außer Ansatz.
Sachverhalt
Der im Juli 1974 geborene Sohn (S) des Klägers studierte ab 1994 und beendete am 18.4.2000 sein Studium durch Verleihung des akademischen Grades als Diplom-Physiker. In der Zeit vom 1.1.2000 bis 31.3.2000 erzielte S Einnahmen in Höhe von DM 1.434. Ab dem 1.7.2000 war S als Doktorand zur Weiterbildung beschäftigt (§ 57 b Abs. 2 Nr. 1 Hochschulrahmengesetz). Er war verpflichtet, seine gesamte Arbeitszeit (= durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes) für die Bearbeitung des wissenschaftlichen Vorhabens einzusetzen. Die monatliche Vergütung betrug 50 % der Vergütung nach Vergütungsgruppe BAT IIa, das waren DM 2.723. Insgesamt erzielte S für seine Tätigkeit vom 1.7.2000 bis 31.12.2000 Einnahmen in Höhe von DM 17.536. Die Familienkasse hob die Kindergeld-Festsetzung ab Januar 2000 auf, da die Einkünfte und Bezüge von S den Jahresgrenzbetrag von DM 13.500 überschreiten würden. Mit dem dagegen gerichteten Einspruch beantragte der Vater Kindergeld für die Monate Januar bis April wegen des Studiums von S. Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung zurück. S sei wie folgt als Kind zu berücksichtigen: Von Januar bis April aufgrund des Studiums wegen Berufsausbildung, von Mai bis Juni wegen Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten und von Juli bis Dezember aufgrund der Promotionsvorbereitung wegen Berufsausbildung. Die Einkünfte und Bezüge von S würden im Berücksichtigungszeitraum den Jahresgrenzbetrag übersteigen.
Entscheidung
Für die Zeit von Januar bis April 2000 steht dem Kläger Kindergeld für S zu. Das Promotionsdienstverhältnis ist keine Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Dies hat zur Folge, dass die Zeit von Juli bis Dezember nicht wegen Berufsausbildung und in den Monaten Mai und Juni demnach nicht wegen einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten zu berücksichtigen ist. Die Monate Mai bis Dezember sind danach Kürzungsmonate. Somit bleiben auch die Einkünfte aus dem Promotionsdienstverhältnis außer Ansatz. Demnach ist nur die Zeit von Januar bis April aufgrund des Studiums wegen Berufsausbildung zu berücksichtigen. In diesem Zeitraum unterschreiten die Einkünfte und Bezüge von S den anteiligen Grenzbetrag von DM 4.500 (= 4/12 von DM 13.500). Der Kläger, der Vater von S, hat somit Anspruch auf Kindergeld von Januar bis April 2000. Der BFH habe zwar im Urteil v. 9.6.1999 VI R 92/98 (BStBl. II 1999, 708) entschieden, dass zur Berufsausbildung auch die Promotion gehöre. In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte das Kind nach Beendigung des Studiums ein Promotionsstudium aufgenommen. Die Promotion war notwendige Voraussetzung für die weitere berufliche Qualifikation des Kindes gewesen. In dem vom Finanzgericht entschiedenen Fall war die Promotion jedoch keine notwendige Voraussetzung für die weitere berufliche Qualifikation von S. Nach Auffassung des Finanzgerichts würden die Regelungen im Vertrag von S auch denjenigen eines Dienstvertrags näher sein als denjenigen eines Ausbildungsdienstverhältnisses. Als entscheidend sah es das Finanzgericht an, dass sich die Promotionsvorbereitung im Rahmen eines den vollen Lebensunterhalt sicherstellenden Dienstverhältnisses vollzogen habe. Eine monatliche Vergütung von DM 2.723 sei untypisch für ein Ausbildungsdienstverhältnis. Aus diesem Grunde entfalle auch für die Eltern die typische Unterhaltssituation gegenüber ihrem Kind. Damit fehle es an der durch die Unterhaltsverpflichtung verursachten Einschränkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern. Somit liegt die Voraussetzung für den Kindergeld-Anspruch nicht vor.
Hinweis
Das Finanzgericht stützte seine Entscheidung auf zwei Grundsätze: Das Promotionsdienstverhältnis war nicht mehr Teil der Berufsausbildung, da die Promotion für den von S angestrebten Beruf keine notwendige Voraussetzung darstellte. Zum anderen war aufgrund der Höhe der Vergütung, die den vollen Lebensunterhalt von S sicherstellte, die für den Kindegeld-Anspruch erforderliche typische Unterhaltssituation weggefallen (siehe hierzu auch BFH-Urteil v. 2.03.2000 VI R 13/99, BStBl. II 2000, 522 zum Wegfall der typischen Unterhaltssituation nach Eheschließung des Kindes). Da S in der Zeit seines Promotionsdienstverhältnisses nach Auffassung des Finanzgerichts nicht wegen Berufsausbildung zu berücksichtigen ist, bleiben die in dieser Zeit erzielten Einkünfte außer Ansatz. So ist zumindest das Kindergeld für die Monate Januar bis April "gerettet". Die Familienkasse hat gegen das Urteil Revision eingelegt (Az. des BFH: VIII R 30/03). Soweit die Familienkasse in vergleichbaren Fällen ein den vollen Lebensunterhalt sicherstellendes Promotionsdienstverhältnis als Berufsausbildung ansieht und die Kindergeld-Festsetzung wegen Überschreitung des Grenzbetrags ...