Zusammenfassung
Die Prozesskostenrechnung ist ein erfolgversprechendes Instrument der Gemeinkostensteuerung, denn hinter den Gemeinkosten stehen zumeist Prozesse und Aktivitäten. Deren Neugestaltung und laufende Planung und Steuerung erlauben eine höhere Transparenz und einen effizienteren Ressourceneinsatz.
Prozesskosten werden über die Zurechnung von Kosten auf Prozesse ermittelt und können auch in eine prozesskostenbasierte Kalkulation und Erfolgsrechnung eingehen. In der Praxis wird allerdings der hohe Einführungsaufwand der Prozesskostenrechnung beklagt. Ihre Verbreitung ist daher je nach Branche und Unternehmensgröße unterschiedlich.
Ziel des Beitrags ist es, den aktuellen Stand der Prozesskostenrechnung für das Gemeinkostenmanagement aufzuzeigen und kritisch zu beurteilen.
1 Gemeinkostenmanagement und Prozesskostenrechnung
Entstehung der Prozesskostenrechnung
Als ein Instrument des Gemeinkostenmanagements wird häufig die Prozesskostenrechnung vorgeschlagen. Über Jahrzehnte gestiegene Kosten der fertigungsfernen indirekten Bereiche ließen den Wunsch nach einem Instrument wachsen, das sich nicht damit begnügt, Gemeinkosten pauschal als Zuschlagssatz zu verrechnen, sondern das es erlaubt, deren Kosten und Wertschöpfung genauer zu untersuchen und zu beeinflussen. Da sich die Prozesskostenrechnung explizit auf die nicht direkt mit der Produktfertigung verbundenen Prozesse richtet, trifft auf sie das obige Abgrenzungsproblem "direkte/indirekte Kosten" in der Praxis weniger zu.
Die traditionelle Zuschlagskalkulation kann diesem Anstieg der Gemeinkosten nicht Rechnung tragen, da die Gemeinkosten im Ganzen zugerechnet werden, unabhängig davon, ob die Produkte alle diese Gemeinkosten auch auslösen. Die Folge können Fehlurteile sein.
Fehlurteile durch Zuschlagskalkulation
Die Zuschlagskalkulation kann dazu führen, immer mehr Produktvarianten einzuführen. Ursache ist der Irrglauben, dadurch würden die Gemeinkosten pro Produkt tendenziell sinken (economies of scale). Produktvarianten haben jedoch eher den gegenteiligen Effekt: Für jede Variante sind zusätzliche Entwicklungstätigkeiten erforderlich, es sind oft spezielle Teile oder Bearbeitungsschritte nötig, ein besonderer Versand, spezielle Qualitätsprüfungen und eigenständige Planungs- und Steuerungsaufgaben können auftreten. Dies alles führt zu steigenden Gemeinkosten und das bei geringeren Stückzahlen, da Varianten als besondere Produkte einen kleineren Käuferkreis ansprechen als das Grundprodukt.
Grundzüge der Prozesskostenrechnung
Die Prozesse, die eine Prozesskostenrechnung betrachtet, sind zunächst einmal sachlogisch zusammenhängende Ketten von Aktivitäten, die sich häufig gleichartig wiederholen. Einmalige Aktivitäten wie etwa ein Projekt oder nur schwer zu standardisierende Einzelentscheidungen über den Zukauf eines Unternehmens sind daher von der Analyse ausgeschlossen.
Die Merkmale der in der Prozesskostenrechnung betrachteten Prozesse sind:
- Ausrichtung auf einen für den Betriebszweck relevanten Output, beispielsweise eine Bestellung, eine Rechnungsprüfung oder eine Kommissionierung,
- Möglichkeit der zeitlichen (Start, Ende, Durchlaufzeiten), qualitativen (Prozessqualität) sowie kostenmäßigen Zuordnung von Kenngrößen.
Die Ermittlung der Prozesskosten erfolgt nach Horváth und Mayer über die Zuordnung von Arbeitskapazitäten auf Prozesse und deren Bewertung mit einem Kostensatz. Die Prozesskostenrechnung ersetzt nicht die bisherige Struktur der Kostenrechnung, sondern ergänzt und detailliert sie (s. Abb. 1).
Abb. 1: Prozesskostenrechnung im System der Kostenrechnung
2 Struktur der Prozesskostenrechnung
2.1 Ermittlung von Prozesskosten
2.1.1 Hauptprozesse festlegen
Hat man das Ziel und den Untersuchungsbereich festgelegt, ist der 1. Schritt zur Ermittlung der Prozesskosten die Prozessanalyse. Sie beginnt mit der Festlegung der Hauptprozesse. Letztere sind solche, die meist über Kostenstellengrenzen hinweg gehen und wesentliche Leistungen erzeugen. Durch diesen Schritt erhält man bei der nachfolgenden Tätigkeitsanalyse und Erarbeitung der Teilprozesse in den Kostenstellen eine Orientierung, auf welche Aktivitäten besonders geachtet werden sollte.
Tätigkeitsanalyse und Teilprozessermittlung
Anschließend sind in den Kostenstellen des Untersuchungsbereichs diejenigen Tätigkeiten zu identifizieren, die für die Hauptprozesse eine Teilleistung erbringen (s. Abb. 2). Die Teilprozesse sollten allerdings nicht zu kleinteilig sein, da ansonsten der Analyseaufwand sehr groß wird und die Gefahr besteht, dass sich durch laufende Änderungen a...