Leitsatz
1. Die Besteuerung von aus Limonade und Bier hergestellten Biermischgetränken (Radler) nach dem Stammwürzegehalt (Grad Plato) des Fertigerzeugnisses verstößt weder gegen Gemeinschaftsrecht noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Auch ein Verstoß des Art. 3 Abs. 1 der Alkoholstrukturrichtlinie, der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, Bier und Biermischgetränke nach dem Alkohohlgehalt oder nach Grad Plato zu besteuern, gegen Art. 93, Art. 28 EG oder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Gemeinschaftsrechts liegt nicht vor.
Normenkette
Art. 3 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 und Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 2, § 5 Abs. 2 BierStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 RL 92/83/EWG, Art. 6 RL 92/84/EWG, Art. 93, Art. 28 EG
Sachverhalt
Ein Getränkeproduzent stellt ein Biermischgetränk her, das zur Hälfte aus Bier mit einem Stammwürzegehalt von ca. 13,2 Grad Plato und zur anderen Hälfte aus Limonade mit einem Zuckergehalt von ca. 7,5 % besteht ("Radler"). Das HZA setzte dafür die Biersteuer nach Maßgabe eines Stammwürzegehalts von 10 Grad Plato (Steuerklasse P 10) fest.
Entscheidung
Der BFH hat die Berechnung des HZA nach Plato gebilligt.
Hinweis
Biermischgetränke werden in Deutschland nach dem Stammwürzegehalt (Grad Plato) des fertigen Erzeugnisses besteuert, nicht nach dem Alkoholgehalt. Das führt dazu, dass die Steuerlast bei Mischung mit zuckerhaltiger Limonade höher sein kann als für das gleiche Getränk in anderen Mitgliedstaaten und für Getränke, die mit süßstoffhaltiger Limonade hergestellt worden sind.
Dies verstößt jedoch weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG – keine Ungleichbehandlung gegenüber z.B. Gastwirten, die die Mischung zum sofortigen Verkauf herstellen; kein nationales "System" der Besteuerung gerade des Alkoholgehalts – noch gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen Art. 93 EG. Denn das Gemeinschaftsrecht lässt den Mitgliedstaaten gerade die (Wahl-)Freiheit, nach Plato zu besteuern, und nimmt die Wettbewerbsverzerrungen und die Behinderungen des freien Warenverkehrs, die daraus folgen, hin. Lernen Sie aus dieser Entscheidung, dass eine Argumentation mit dem Systemgedanken des Steuerrechts, wenn überhaupt, nur bei sorgfältiger Ermittlung des wirklich zugrunde liegenden "Systems" zum Erfolg führt; ferner, dass die Harmonisierung der Verbrauchsteuern in der Gemeinschaft zwar weit vorangeschritten ist, aber die RL keine völlige Besteuerungsgleichheit herstellen wollen, so dass Sie sich auf eine günstigere Besteuerung in anderen Staaten schwerlich berufen können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.3.2006, VII R 38/04