Unter "echter" Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG wird nach neuerem Verständnis des BFH und der Finanzverwaltung die Auflösung der Personengesellschaft unter Auskehrung des Vermögens an die Realteiler verstanden. Da es sich bei der Realteilung um einen Sonderfall der Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG handelt, ist bei der echten Realteilung der Gewerbebetrieb durch den auf der Ebene der Mitunternehmerschaft verwirklichten Tatbestand der Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gekennzeichnet. Wird die Gesellschaft aufgelöst, handelt es sich zwar um die Betriebsaufgabe der Gesellschaft, die aber ggf. als "echte" Realteilung erfolgsneutral bleibt.
Echte Realteilung
Eine echte Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG liegt vor, wenn eine Personengesellschaft aufgelöst und auseinandergesetzt wird und die einzelnen Realteiler das erhaltene Gesellschaftsvermögen im Rahmen ihres jeweiligen Einzelunternehmens oder als Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Personengesellschaft verwenden.
Eine Betriebsaufgabe auf Ebene der Mitunternehmerschaft und damit ein Fall der "echten" Realteilung liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung auch bei Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Übertragung eines Teilbetriebs, eines (Teil-)Mitunternehmeranteils an einer Tochter-Personengesellschaft oder von Einzelwirtschaftsgütern aus einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft und Fortführung des Betriebs durch den verbleibenden Mitunternehmer in Form eines Einzelunternehmens vor. § 16 Abs. 3 Satz 2 ESt ist also auch uneingeschränkt anzuwenden (Fall der "echten" Realteilung), wenn der zweitletzte Gesellschafter gegen Sachwertabfindung ausscheidet und der Verbleibende den Betrieb als Einzelunternehmer fortführt.
Übernahme eines Einzelwirtschaftsguts durch einen Gesellschafter – Fortführung des bisherigen 2-gliedrigen Unternehmens als Einzelunternehmen
An der X-KG sind die Geschwister A und B zu je 50 % als Gesellschafter beteiligt. Sie lösen die KG auf. A übernimmt mit Ausnahme eines fremdvermieteten Gebäudegrundstücks sämtliche Wirtschaftsgüter der KG und betreibt damit nach der Realteilung ein neu gegründetes gewerbliches Einzelunternehmen. Seine Schwester B übernimmt das fremdvermietete Grundstück und überführt es in ihr bestehendes gewerbliches Einzelunternehmen.
Nach bisheriger Meinung der Finanzverwaltung lag keine begünstigte Realteilung, sondern eine Sachwertabfindung vor, wenn – wie hier – einer der beiden KG-Gesellschafter nur funktional nicht wesentliche Betriebsgrundlagen erhält, während der andere das Unternehmen mit sämtlichen funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen der vormaligen KG in Gestalt eines neu gegründeten Einzelunternehmens weiterführt. Diese Auffassung ist obsolet.
Vorliegend ist die von A und B betriebene KG aufgelöst worden. Von den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens erhielt B nur das funktional nicht wesentliche Gebäudegrundstück, während A mit dem wesentlichen Teil des ehemaligen Gesellschaftsvermögens weiter alleine als Einzelunternehmer betrieblich tätig bleibt. Der BFH entscheidet, dass dies zu einer gewinnneutralen Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG führt. Eine echte Realteilung kann also auch dann vorliegen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf einen Gesellschafter übertragen werden, der diese anschließend weiter betrieblich nutzt.